Kontinenz- und Beckenbodenzentrum

Harninkontinenz

Foto einer Beratung Kontinenz-Beckenbodenzentrum

Die Belastungsinkontinenz stellt die häufigste Form der Inkontinenz dar. Patienten beklagen einen Urinverlust beim Lachen, Niesen, Weinen und Tragen von schweren Lasten. Auch das Treppensteigen oder ein Positionswechsel vom Liegen ins Sitzen oder vom Sitzen ins Stehen kann zum Verlust von Urin führen.

Ursächlich hierfür ist meist eine geschwächte Muskulatur des Beckenbodens und/oder des Verschlusssystems der Harnröhre. Diese Pathologie ergibt sich aus der jahrelangen Belastung des Beckenbodens einer Frau, welche durch Geburten, Operationen oder auch ein erhöhtes Gewicht bedingt sein kann. An zweiter Stelle steht die Dranginkontinenz. Hierbei steht der imperative Harndrang im Mittelpunkt der Symptomatik. Patienten müssen oft Tätigkeiten sofort unterbrechen um die Toilette so schnell als möglich aufzusuchen. Ein Hinauszögern der Blasenentleerung ist nicht mehr oder nur schwer möglich. Die Symptomatik dieser Form von Inkontinenz gleicht einer Blasenentzündung. Es kommt hier entweder zum unwillkürlichen Zusammenziehen der Blase ohne den wirklichen Bedarf einer Blasenentleerung oder zur gestörten nervalen Wahrnehmung der Blase, der sogenannten Reizblase. Wie so oft im Leben gibt es auch bei der Inkontinenz kein Schwarz und Weiß. Ca. 1/3 der Frauen leidet an der sogenannten Mischinkontinenz, einer Kombination aus Drang- und Belastungsinkontinenz.


Mit welchen Untersuchungen durch den Arzt muss ich rechnen?

Um die Inkontinenz einordnen zu können, wird der Arzt zuallererst eine ausführliche Anamnese durchführen. Hierbei stehen Fragen nach der Dauer und Menge des Urinverlustes sowie Beschwerden beim Wasserlassen im Vordergrund. Zudem werden vorherige Operationen, Begleiterkrankungen und die aktuelle Medikation erfragt. Der Patient sollte an dieser Stelle alle seine Ängste und Lebensqualitätseinschränkungen, welche durch die Inkontinenz hervorgerufen werden können, beschreiben um dem Arzt ein möglich genaues Bild der Beschwerden zu liefern. Eine frisch abgegebene Urinprobe gibt Aufschluss über eine eventuelle bakterielle Besiedelung des Urins, welche die Symptome einer Inkontinenz nachahmen kann und evtl. schnell durch die Einnahme eines Antibiotikums beseitigt werden kann. Hiernach wird der Arzt eine Ultraschalluntersuchung der Nieren und der Blase durchführen um grob eine andere urologische Ursache der Inkontinenz oder eine unzureichende Blasenentleerung auszuschließen. Um sicherzustellen welche Art von Inkontinenz vorherrscht wird ggf. zudem auch eine Blasendruckmessung durchgeführt. Hierbei wird die Blase im Sitzen mittels eines sehr dünnen Katheters mit Wasser aufgefüllt und der Druck in der Blase sowie im Bauch gemessen. Der Patient wird des öfteren zum Husten oder Pressen aufgefordert um einen eventuellen Urinverlust unter Belastung nachzuahmen. Nach Auffüllen der Blase sollte der Patient versuchen die Blase zu entleeren. Hierbei wird die Stärke des Harnstrahls sowie die Stärke der Blase gemessen. Diese Untersuchung ist nicht schmerzhaft und wird in einer ruhigen und vertraulichen Atmosphäre durchgeführt. Nach der Blasendruckmessung wird meist noch eine Blasenspiegelung vorgenommen. Mittels eines dünnen Stabs wird die Blase nach Entzündungen oder einem Tumor abgesucht. Im Rahmen dieser Untersuchung wird auch die Scheide inspiziert um eine Blasen- oder Gebärmuttersenkung zu erkennen.

Anhand dieser Untersuchungen, welche gesamt ca. 50 min. in Anspruch nehmen, kann der Arzt feststellen welche Art von Inkontinenz vorliegt. Angepasst an die jeweilige Diagnose erfolgt hiernach eine Beratung des Patienten bezüglich der verschiedenen Therapieoptionen.


Was kann ich gegen eine Belastungsinkontinenz unternehmen?

An erster Stelle steht das Beckenbodentraining. Gefragt sind der Wille und die Disziplin eines Patienten. Im Laufe der Jahre kommt es zu einer Erschlaffung des Beckenbodens. Da der Beckenboden hauptsächlich aus Muskeln besteht kann dieser durch ein entsprechendes „Krafttraining“ trainiert werden. Dies erfordert allerdings Zeit und eine gewisse Regelmäßigkeit. Um den inneren Schweinehund leichter zu überwinden und nicht gänzlich allein mit Übungen aus Broschüren dazustehen, werden z.B. Volkshochschulkurse angeboten. Im Beisein anderer Leidensgenossen wird der Beckenboden unter professioneller und fachgerechter Anleitung regelmäßig trainiert. Jedoch ist eine ständige und tägliche Wiederholung der Übungen im trauten Heim von großer Wichtigkeit um die Effektivität zu verstärken. Die Kosten für einen VHS-Kurse werden unter Vorlage einer Teilnehmerbestätigung von den Krankenkassen übernommen. Falls vom Patienten ein individuelles Therapiekonzept bevorzugt wird, stehen Physiotherapeuten in der Praxis oder auf ärztliche Rezeption auch häuslich zur Verfügung um die wichtigsten Übungen zu erklären und zum individuellen Training anzuregen. Ggf. kommen hierbei auch Hilfsmittel im Rahmen eines Biofeedbacktrainings zum Einsatz. Sollte es nach einem halben Jahr zu keiner Besserung der Inkontinenzsituation kommen bietet sich eventuell auch eine operative Therapie der Belastungsinkontinenz an.


Was passiert bei einer Operation?

Seit einigen Jahren wird ein schonendes Verfahren mittels der Einlage eines sogenannten „Bandes“ angeboten. Dieses Band dient zur Gewebeunterstützung und wird spannungsfrei eingesetzt, d.h. es wird unter die Harnröhre eingebracht, wirkt wie eine Hängematte und unterstützt die Harnröhre. Viele Patienten berichten bereits nach der Katheterentfernung über eine sofortige Besserung der Inkontinenz. Das optimale Therapieergebnis ist allerdings erst nach einigen Wochen zu erwarten, da das Band spannungsfrei eingesetzt wird und erst durch die Bildung einer gesunden „Narbenplatte“ eine Unterstützung der Harnröhre gewährleistet. Die Operation an sich dauert nicht länger als 15 min. und wird in Regionalanästhesie, auf Wunsch auch in Vollnarkose durchgeführt. Es werden zwei kleine Schnitte am Schambeinhügel (je 5mm) sowie ein an der Scheidenvorderwand (ca. 2 cm) gesetzt. Diese Schnitte sind meist nach 1 Woche nicht mehr sichtbar. Der während der Operation eingelegte Katheter wird spätestens am Tag nach der Operation entfernt. Zwei Tage nach der Operation kann die Patientin das Krankenhaus meist verlassen. Schmerzen treten extrem selten auf, es wird jedoch häufig über einen Muskelkater in der Leiste berichtet, welcher allerdings nach zwei Tagen wieder verschwindet. Eine normale körperliche Belastung ist nach 1 Woche wieder möglich.

Im Falle einer „Blasen- oder Scheidensenkung“ gibt es verschiedene operative Möglichkeiten. Bevorzugt wird das vaginale Vorgehen, ggf. kombiniert mit endoskopischen Verfahren (sog. Knopflochoperationen bis hin zu von robotergestützten Eingriffen). Dabei werden in der Regel zunächst keine synthetischen Netze eingesetzt. Diese kommen nur in jenen Fällen zum Einsatz, wo bereits Voroperationen wegen einer Senkung erfolgten, die keinen dauerhaften Erfolg gebracht haben. Grundprinzip ist jeweils die Fixation des Scheidenstumpfes oder der Gebärmutter am Kreuzbein oder an festen Bandstrukturen im Becken. Damit wird die Scheide wieder in ihre normale Position gebracht und auch Blase und Enddarm angehoben. Der stationäre Aufenthalt für diese Operation nimmt ca. 5-7 Tage in Anspruch. Für sehr alte und gebrechliche Patienten, welche größere Eingriffe oder eine Vollnarkose scheuen, kann zudem auch eine Unterspritzung der Harnröhre angeboten werden. Ähnlich wie beim „Lippen aufspritzen“ werden mehrere kleine Polster mit Füllmaterial in die Harnröhre gespritzt, welche eine Verengung des Harnröhrenausgangs bedingen. Bei dieser Operation wird allerdings keine vollständige Kontinenz erzielt, es kommt hierbei nur zu einer leichten Besserung der Beschwerdesymptomatik.


Gibt es eine Alternative zum Operieren?

Man kann bei der Belastungsinkontinenz auch eine medikamentöse Therapie versuchen, wenngleich hierbei meist nur geringfügige Verbesserungen erzielt werden können. Nicht selten treten dabei allerdings Nebenwirkungen wie z.B. starker Übelkeit, Kopfschmerzen oder Schlafstörungen auf, die zur Beendigung der Behandlung führen.


Was kann ich gegen eine Dranginkontinenz unternehmen?

Man spricht bei dieser Erkrankung auch von einer „Reizblase“. Wie das Wort schon sagt, sollte man „reizende“ Faktoren ausschließen, wie z.B. kalte Füße, kalte Getränke, Rauchen, säurehaltige Getränke oder den Genuß von Kaffee. Neben diesen Dingen kann man seine Blase auch erziehen, was wiederum heißt, dass man dem Drang nicht jedes Mal sofort nachgibt. Der Gang zur Toilette sollte hinausgezögert werden. Durch dieses Training vergrößert sich das Fassungsvolumen der Blase und der Drang wird sich ggf. mit der Zeit hinauszögern lassen. Ein entsprechendes Beckenbodentraining kann auch hier Besserung versprechen, wird jedoch nicht ganz so wirkungsvoll sein wie bei der Belastungsinkontinenz.

Im Gegensatz zur Belastungsinkontinenz gibt es bei der Dranginkontinenz ein breites Angebot an medikamentöser Therapie, was an sich auch schon wieder ein Problem darstellt. Diese Medikamente werden von verschiedenen Patienten auch verschieden vertragen. Während einige bei dem einen Präparat über eine gute Wirksamkeit berichten, klagen andere wiederum über starke Nebenwirkungen und eine völlige Unwirksamkeit. Aus diesem Grund ist hier Geduld von Seiten des Patienten angesagt. Es müssen meist mehrere verschiedene Produkte inklusive Scheidensalben und /oder -zäpfchen ausprobiert werden um schlussendlich das Richtige für den jeweiligen Patienten zu finden. Einige dieser Präparate können als häufige Nebenwirkung eine starke Mundtrockenheit verursachen, welche von vielen Patienten als sehr unangenehm empfunden wird. Neuere Präparate bieten jedoch nun eine andere Wirkungsweise und oben genannte Nebenwirkungen entfallen.


Gibt es auch eine operative Therapie bei der Dranginkontinenz?

Primär sollte immer eine medikamentöse Therapie versucht werden. Sollte jene aber nicht von Erfolg gekrönt sein, kann eine Besserung mittels Unterspritzung der Blase (ca. 20 kleine Einstiche in die Blase) mit Botox versucht werden. Botox ist ein Nervengift und lähmt den Muskel. Da die Blase einen einzigen großen Muskel darstellt, kann diese mittels Botox für ca. ein halbes bis dreiviertel Jahr gelähmt werden. Die Drangsymptomatik verschwindet für diesen Zeitraum. Dieses Verfahren wird in Vollnarkose oder auch Spinalanästhesie angeboten. Nachteil ist, wie bereits zuvor erwähnt, die zeitlich begrenzte Haltbarkeit, welche gehäufte bzw. wiederholte Eingriffe fordert. Voraussetzung für dieses Verfahren ist eine vollständige Blasenentleerung ohne Hinweis auf eine Restharnbildung. Eine weitere Option bietet die sogenannte „sakrale Neurostimulation“ auch als „Blasenschrittmacher“ bekannt. In Vollnarkose erfolgt die Einpflanzung einer Elektrode knapp unterhalb der Haut, welche durch ständige Stromimpulse die irritative Aktivität der Blasennerven vermindert. Mit dem Einsatz des Schrittmachers kann auch gleichzeitig eine Stuhlinkontinenz behoben werden.