Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde | Kopf-Hals- und Plastische Gesichtschirurgie

Zwischen OP-Saal und Eishockey

(18.03.2023)

Privatdozent Dr. Antoniu-Oreste Gostian ist seit Februar HNO-Chefarzt am Klinikum. Er setzt neue Schwerpunkte auf Tumorbehandlung und Cochlea-Implantat-Operationen

Seit 1. Februar hat die HNO Klinik am Klinikum St. Elisabeth einen neuen Chefarzt. Privatdozent Dr. Antoniu-Oreste Gostian (47) hat die Nachfolge von Privatdozent Dr. Rainer Keerl angetreten, der in Ruhestand gegangen ist. „In gute Hände abzugeben“, so hat es Keerl formuliert und sieht seine Erwartungen erfüllt. Der Nachfolger werde neue Schwerpunkte setzen. Tatsächlich kündigt Gostian den Ausbau chirurgischer wie medikamentöser Tumor-Behandlung und Operationen von Cochlea-Implantaten an. In Straubing ist er nicht nur an der richtigen Stelle, weil es die einzige HNO-Klinik in Niederbayern ist und er aus einer der renommiertesten in der Republik kommt, sondern auch weil er Eishockeyfan ist und sogar selber spielt.

Sie sind seit 1. Februar im Amt. Sind Sie schon im Alltag angekommen?

A n t o n i u - O re s t e G o s t i a n : Ich bin mittendrin im Ankommen. Die Arbeitsatmosphäre hier macht es mir leicht. Im übrigen war ich die vergangenen Monate immer wieder am Klinikum, um mich mit meinem Vorgänger Privatdozent Dr. Rainer Keerl auszutauschen, die Abteilung kennenzulernen und mich einzuarbeiten. Ich pendle wochentags zwischen Klinikum und meinem Appartment. Meine Familie kommt erst nach, wenn wir ein geeignetes Zuhause gefunden haben. Mit schulpflichtigen Kindern ist der Umzug nicht so einfach. Meine Frau ist mit den vier Kindern noch in Erlangen. Die Kinder sind sieben und fünfeinhalb Jahre sowie zwei Wochen alt. Die Zwillinge gehen gerade in die erste Klasse.

Sie sind aus Erlangen gekommen. War Ihnen Straubing ein Begriff?

G o s t i a n : Straubing war mir ein Begriff – vor allem als Eishockey- Hochburg. Und von Urlauben im Bayerischen Wald. Wir sind auch einmal mit dem Wohnmobil in Straubing mit einer Panne liegengeblieben. Aber natürlich war mir die große HNO-Klinik mit Privatdozent Keerl ein Begriff.

Was hat Sie an der Chefarztposition am Klinikum gereizt?

 G o s t i a n : Es ist eine große Klinik mit sehr hohem Renommee und sehr großem Einzugsgebiet. Das Klinikum ist sehr zukunftsorientiert. Das Haus gehört zum Verbund in Trägerschaft der Barmherzigen Brüder. Darüber habe ich bisher nur Gutes gehört und sehe das im Alltag bestätigt. Außerdem ist Straubing für uns als Stadt ideal.

Individuell passend bei Hörproblematik helfen

Der ersten Pressemitteilung habe ich entnommen, Sie setzen Schwerpunkte in der Tumorbehandlung und in der Hörmedizin. Können Sie dazu dem medizinischen Laien ein paar Anhaltspunkte geben?

G o s t i a n : Das Hören ist einer der menschlichen Sinne. Und bisher der Einzige, den man wiederherstellen kann. Mit einem Cochlea Implantat kann man das Hörvermögen wiedererlangen. Das ist eines der vielfältigen Verfahren, um individuell passend für die jeweilige Hörproblematik zu helfen. Hörgeräte sind zum Beispiel eine andere Variante. Es gibt auch implantierbare Hörgeräte. Mit all dem bin ich seit meiner Kölner Zeit befasst. Bei Kindern mit Fehlbildung oder Erwachsenen nach einer Erkrankung ist heute viel Verbesserung möglich. In diesem Bereich will ich ein Angebot machen, in Niederbayern für Niederbayern jetzt auch in Straubing. Je eher schwerhörige beziehungsweise ertaubte Menschen damit versorgt werden, umso besser. Die notwendige Anschlussbehandlung wird am Bayerischen Cochlear Implant Centrum im Institut für Hören und Sprache in Straubing sichergestellt. Also ebenfalls vor Ort. Den Patienten ersparen wir weite Wege und bieten heimatnahe Therapie.

Kopf-Hals-Tumorzentrum: Therapie-Netzwerk

Stichwort HNO-Tumore: Die Raucher sind weniger geworden, hat ihr Vorgänger bilanziert. Es gebe ein neues Krankheitsbild, das HPV-Virus, das Infektionen verursache, aber langfristig auch Krebs im HNO-Gebiet. Was ist Ihre Erfahrung?

G o s t i a n : Das ist richtig. Rauchen und Alkohol sind die beiden größten Risikofaktoren für Kopf- Hals-Tumore. Rachenkrebs, bedingt durch das HP-Virus, ist in den USA bereits viel weiter verbreitet als hierzulande. Es tritt vor allem bei jüngeren Patienten auf und nimmt auch bei uns zu. Wir wollen künftig im Bereich der Tumorbehandlung ein breites chirurgisches Spektrum anbieten. Es geht um die Entfernung von Tumoren, Erhalt der Funktionalität von Sprechen und Schlucken bis hin zum Einbringen von körpereigenen Transplantaten. Im Kopf-Hals-Tumorzentrum der Klinik bieten wir gemeinsam mit den anderen Fachdisziplinen im Straubinger Onkologischen Zentrum und Kooperationspartnern auch eine umfassende strahlentherapeutische und medikamentöse Tumortherapie im gesamten Gebiet der HNO an. Wir sind das einzige von der Deutschen Krebsgesellschaft zertifizierte Kopf-Hals-Tumorzentrum in Niederbayern. Damit stehen wir in der Verantwortung und in der Pflicht.

Sie möchten das OP-Spektrum erweitern – ist die räumliche wie personelle Kapazität da, das zu tun? Welche Rolle spielt der Pflegekräftemangel?

G o s t i a n : Die Klinik bietet diagnostisch bereits alles Notwendige, die audiologische Abteilung wird noch erweitert, ebenso das chirurgische Spektrum. Mir geht es darum, das vorhandene sehr gute Fundament zu bewahren, um weitere Bereiche zu erweitern, zum Vorteil des Standorts, zum Vorteil Niederbayerns. Die Fortsetzung einer Erfolgsgeschichte.

Im Medizincampus Niederbayern bedeutend

Welche Bedeutung und welche Erwartungen messen Sie dem vor der Realisierung stehenden Medizincampus Niederbayern bei? Wo sehen Sie Entwicklungspotential?

G o s t i a n : Die HNO und die Urologie am Straubinger Klinikum werden im Medizincampus als einzige niederbayernweit ihre jeweilige Fachrichtung vertreten. Das ist eine Auszeichnung. Ich freue mich darauf. Überhaupt sehe ich die Idee einer Medizinerausbildung in Niederbayern sehr positiv. Für die HNO, für das Klinikum wie für die ganze Region. Wir bilden hier Ärzte aus, von denen hoffentlich einige in der Region bleiben werden. Auch in der HNO. Da denke ich nicht ganz uneigennützig, den wir möchten den zukünftigen Studenten etwas bieten und dadurch attraktiv für die zukünftigen Ärzte sein. Wir sind alle in einem Boot, diese Idee Realität werden zu lassen und neue Infrastruktur zu schaffen. Es ist meiner Einschätzung nach auf einem sehr guten Weg.

Solidarisch mit den niedergelassenen Ärzten

Wie beurteilen Sie die zunehmende Arbeitsbelastung von Ärzten und mehr noch Pflegepersonal durch immer kürzere Verweildauer?

G o s t i a n : Die Verweildauer ist gesunken. Das hat eine medizinische und eine ökonomische Seite. Ein hoher Durchsatz an Patienten ist nur im Miteinander gut zu bewältigen. Ich sehe hier im Klinikum ein enges, vertrauensvolles Miteinander trotz hoher Arbeitsdichte. Medizin und Pflege haben ein außerordentlich gutes Verhältnis am Klinikum. Die HNO ist gut aufgestellt.

Wie man hört, setzen derzeit HNO-Ärzte Kinder-Mandel-Operationen aus, weil die Honorare dafür seit Jahren zu schlecht sind. Inwieweit sind Sie davon tangiert?

G o s t i a n : Wir sind als Krankenhaus der Versorgung unserer Patienten verpflichtet und müssen und werden daher diese Operationen auch weiter durchführen. Somit kann man sicher sein, dass jedes Kind, das dringlich eine solche Operation braucht, eine bekommen wird. Limitiert sind wir durch die OP- und Anästhesie-Kapazität für Kinder. Wenn es nicht dringlich ist, müssen Wartezeiten akzeptiert und durch eine konservative Therapie überbrückt werden. Wir werden niemand abweisen, aber auf Dauer werden sich Wartezeiten in Kliniken verlängern. Ich habe großes Verständnis für die niedergelassenen Kollegen und unterstütze ihr Anliegen. Ihre Sichtweise ist begründet. Wir alle wollen den Patienten gerecht werden und müssen Probleme konstruktiv und gemeinsam bewältigen. Mir liegt sehr viel am Fortsetzen eines guten konstruktiven Netzwerks aller Beteiligten an der Patientenversorgung.

Wie sind Sie eigentlich zur HNO als Fachrichtung gekommen? Wie überhaupt zur Medizin?

G o s t i a n : Ich wusste früh, dass ich etwas in Richtung Chirurgie machen wollte, und zwar etwas, was mit dem Kopf zu tun hat. Die HNO ist ein sehr vielfältiges Fachgebiet. Von der großen Tumor-OP bis zur mikrochirurgischen Ohr-OP und der Rekonstruktion des Gesichtsnervs. Und das Sinnesorgan Ohr hat sowohl mit Hören als auch mit dem Gleichgewicht zu tun. Patienten vom Säugling bis zum Greis. Ich wollte nie etwas anderes machen.

Mehr als nur ein Faible für Eishockey-Sport

Wo sind Sie aufgewachsen?

G o s t i a n : Ich bin in Rumänien geboren. Meine Eltern sind mit mir, als ich acht Jahre alt war, nach Deutschland übersiedelt. Wir haben in Köln gelebt. Ich habe dort studiert, mit einem Stipendium der Studienstiftung des Deutschen Volkes. Ein Jahr habe ich in USA an meiner Doktorarbeit gearbeitet, die ich in der Uni Köln eingereicht habe. Im städtischen Krankenhaus Neuss habe ich den Facharzt erworben und bin dann sieben Jahre an der Uniklinik Köln tätig gewesen, danach sechs Jahre in Erlangen bei Prof. Dr. Heinrich Iro, an einer der größten HNO-Kliniken Deutschlands mit Hörzentrum und Kopf- Hals-Tumor-Zentrum.

Ich habe gelesen, Sie waren oder sind aktiver Eishockeyspieler. Fühlen Sie sich da in Straubing im Eldorado? Was machen Sie sonst gern in der Freizeit?

 G o s t i a n : Ich habe tatsächlich von Kindesbeinen an Eishockey gespielt. In Höchstadt, in Köln als Jugendlicher bei den Haien (Kölner EC) und später während meines USA-Aufenthalts. Ich bin immer noch aktiv, aber nicht mehr im regulären Ligabetrieb. Es ist Hobby und das will ich fortsetzen. Ich bin nie ein Überflieger in diesem Sport gewesen, aber ich konnte doch gut mithalten. Und es ist für mich ein guter Ausgleich - neben Skifahren, Radfahren und Bergsteigen. Ich bin einfach gerne im Freien. Leider hat Straubing keine zweite Eisfläche. Ich habe schon gehört, dass das hier ein Politikum ist. Auch meine Kinder spielen schon Eishockey. Mit Sicherheit werde ich mir Spiele am Pulverturm ansehen, die Play-Offs sind schon mal eine gute Gelegenheit.

Quelle: Monika Schneider-Stranninger, Straubinger Tagblatt vom 01.03.2024