Klinik für Neurologie/ Schlaganfalleinheit

BR-Reportage „STOLPERSTEIN“

(14.10.2021)

Patient Markus S. besucht zwei Jahre nach seinem Schlaganfall das Klinikum Straubing

Die BR Doku-Reihe STOLPERSTEIN porträtiert Menschen mit körperlichen, geistigen oder psychischen Handicaps, erzählt ihre Geschichte und begleitet sie in ihrem Alltag. Zum Thema Aphasie/Sprachverlust stellt die Redaktion Medizin und Gesundheit drei Familien vor, bei denen jeweils ein Familienmitglied von Aphasie betroffen ist.

Einer der Protagonisten ist der zweifache Familienvater Markus S. (45 Jahre), der nach seinem Schlaganfall im November 2019 im Klinikum Straubing akut behandelt wurde

Der BR hat Herrn S. schon während seiner Reha und zu Hause besucht und der Beitrag zeigt vor allem, wie er mit großem Engagement, Mut und Zuversicht seinen Alltag meistert. Dem Wunsch des BR, auch das Klinikum Straubing als Teil seiner Geschichte in der Reportage zu zeigen, kam die Geschäftsführung zusammen mit den Chefärzten Dr. Carsten Isenberg, Dr. Hannes Häuser sowie dem Medizinischen Leiter des Luftrettungszentrums Dr. Christoph Kerscher gerne nach. Die Drehaufnahmen dazu fanden am 23. August statt. Die Folge ist ein Jahr lang in der BR Mediathek unter dem Titel „Stolperstein | Leben mit Behinderung. Aphasie: Wenn die Sprache plötzlich weg ist“ verfügbar.

Rund 130.000 Menschen in Deutschland erleiden jedes Jahr einen Schlaganfall

Sprache und Sprechen sind zentral für unsere Kommunikation, sie öffnen uns die Welt, den Zugang zu Menschen, Gedanken und neuen Lebenswelten. Ein Alltag ohne Sprache – kaum auszudenken. Doch diese Katastrophe betrifft jedes Jahr rund 130.000 Menschen. Viele davon erleiden eine Aphasie, verlieren plötzlich die Fähigkeit zu sprechen. Neben Gehirnblutungen und Schädelhirntraumen sind Schlaganfälle die häufigste Ursache schwerer Verletzungen des Gehirns, insgesamt dritthäufigste Todesursache in Deutschland.

Eine Folge der Verletzungen im Gehirn kann eine Aphasie sein, der teilweise oder komplette Verlust der Sprache und Sprachproduktion. Sie tritt immer dann auf, wenn das Sprachzentrum in der linken Gehirnhälfte betroffen ist. Das ist bei rund 40 Prozent derjenigen der Fall, die einen Schlaganfall überleben. Das tragische Problem: Die Tatsache, dass diese Menschen nicht mehr oder nur noch eingeschränkt sprechen, lesen, schreiben oder auch rechnen können, hat oft nichts damit zu tun, dass sie nicht mehr denken oder begreifen könnten. Die von Aphasie Betroffenen nehmen ihre Gedanken und Gefühle wahr, sind sich selbst darüber im Klaren. Aber sie können sich nicht oder nur begrenzt über Sprache, Lesen und Schreiben mitteilen. Die Kommunikation mit der Außenwelt ist gestört.

So auch bei Markus S.:

Er hat heute keine körperlichen Einschränkungen mehr, kann Arme, Hände und Beine normal bewegen, ohne Hilfsmittel laufen. Auch im Gespräch versteht er alles und hat auch die richtigen Worte im Kopf – „nur raus wollen sie nicht“. Das gilt sowohl für das Schreiben als auch beim Sprechen. Wenn er Zahlen nennen möchte, zählt er diese an den Fingern ab, so behilft er sich auch bei den Wochentagen und Monaten. WhatsApp schreiben gehe ganz gut, denn dort kann er mit Emojis arbeiten. „Die versteht ja zum Glück eigentlich jeder. Wenn mir jemand einen Text schreibt, bekommt er als Antwort halt eine Geschichte aus Symbolen zurück“, erzählt er. Seinen Beruf als Lagerlogistiker kann Markus Schedlbauer bisher nicht mehr ausüben. Sein Arbeitgeber hält seinen Arbeitsplatz frei und hofft darauf, dass er zurückkommt.

Schlaganfall „aus heiterem Himmel“

„Ich bin morgens noch ganz normal aufgestanden, hab im Bad Zähne geputzt. Dann habe ich schon gemerkt, dass etwas nicht stimmt. Mein Spiegelbild im Spiegel war plötzlich ganz verschwommen und dann bin ich auch schon nach hinten umgefallen.“ Er versucht sich am Türrahmen hochzuziehen, kann aber bereits seinen rechten Arm und sein rechtes Bein nicht mehr spüren. Er schafft es noch, sich hochzurappeln - sackt dann aber endgültig zusammen. Seine Frau findet ihn und ruft den Notarzt. Ein RTW bringt Markus S. zum nächstgelegenen Feld, wo bereits der alarmierte Christoph 15 wartet. Mit diesem geht es ins Klinikum Straubing. „Ich kann mich noch schemenhaft an das Ruckeln erinnern, als man mich aus dem Hubschrauber raus zum Aufzug gebracht hat. Danach ist alles Schwarz. Das nächste, woran ich mich erinnere, ist das Licht auf der Intensivstation und ein freundliches weibliches Gesicht. Ich weiß aber nicht, wer das war.“

„Der schnelle Transport ins Klinikum und die daraus zeitnah eingeleitete Therapie haben sein Leben gerettet, das kann man ganz klar so sagen“,

so Dr. Carsten Isenberg, Chefarzt der Klinik für Neurologie. Er erklärt Markus S. im Film die Bilder der Angiografie: Mittels Katheter wurde Kontrastmittel in die Hirnarterie gespritzt. Der weiße Fleck zeigt den Verschluss der Arterie,  dort läuft Kontrastmittel nicht weiter. An jener Stelle kam es zum Schlaganfall.

Stationen einer Lebensrettung

Im Schockraum erklärt Chefarzt der Radiologie Dr. Hannes Häuser den Ablauf: Mit dem Aufzug kam Markus S. damals von der Luftrettungsstation, rein in den Schockraum, dann in CT und Angiographie, zuletzt auf die Intensivstation. Stationen seiner Lebensrettung. „Wie ein fremder Ort ist das für mich, aber das ich hier lag und Ärzte um mein Leben kämpften, das ist ein komisches Gefühl“, meint Markus S. und schaut sich ganz genau um.

Ein wenig aufgeregt sei er generell schon gewesen und ein mulmiges Gefühl hatte er bei dem Gedanken, hierher ins Klinikum zurückzukehren. Gänsehautstimmung macht sich unter allen breit, als Christoph 15 während der Dreharbeiten am Dachlandeplatz über den Köpfen einfliegt und kurz darauf wieder zum nächsten Einsatz startet. Markus S. schaut ihm lange hinterher und atmet tief durch, die Kamera filmt, aber niemand stellt Fragen.

Manchmal braucht’s halt einfach keine Worte.

Gewusst? Mit der seit 2020 eigenständigen Klinik für Neurologie/Schlaganfalleinheit wird die umfassende Versorgung der Bevölkerung in der Region bei akuten neurologischen Erkrankungen gesichert. In den vergangenen zehn Jahren hat sich die Neurologie rasant entwickelt. Viele neue Therapieverfahren haben sich etabliert wie zum Beispiel radiologische Interventionen bei der Behandlung von Schlaganfällen. Die große Zahl neuer diagnostischer und therapeutischer Verfahren können nur in spezialisierten Kliniken angeboten werden. Deshalb hat sich der Träger des Klinikums Straubing für die Weiterentwicklung als eigene Abteilung entschieden. Etwa ein Drittel der neurologischen Patient:innen im Klinikum Straubing haben einen Schlaganfall, jährlich sind das über 500. –hko-