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Wenn das Hörgerät nicht mehr ausreicht
Engagieren sich beim zweiten Niederbayerischen Hörtag im Klinikum St. Elisabeth für gutes Hören bis ins hohe Alter (v.l.): Dr. Matthias Müller (Präsident des Deutschen Schwerhörigenbundes), Prof. Dr. Antoniu-Oreste Gostian (Chefarzt der HNO-Klinik Straubing), Hörtherapeut Thomas Kristen München, Diana Grosser (Selbsthilfegruppe „Grenzgänger – Hören am Fluss“ Niederbayern), Dr. Elisabeth Wimmer (HNO-Ärztin Klinikum St. Elisabeth), Dr. Frank Digeser (Leiter Technik CI-Zentrum HNO-Uniklinik Erlangen) und Bürgermeister Dr. Albert Solleder.
Die Gesellschaft wird immer älter. Hörbeeinträchtigungen gehen damit einher. Es droht soziale Isolation. Beim zweiten Niederbayerischen Hörtag im Klinikum St. Elisabeth stellte die Klinik für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde von Chefarzt Prof. Dr. Antoniu-Oreste Gostian zusammen mit Experten moderne Therapieoptionen von Schwerhörigkeit im hohen Alter vor. Die Botschaft an die gut 150 Besucher: Hörgeräte und Cochlea Implantate (CI), also elektronische Innenohrprothesen, können viel Lebensqualität zurückgeben.
Die Stadt schätze die Initiative der HNO-Klinik für „gutes Hören bis ins hohe Alter“ sehr, sagte Bürgermeister Dr. Albert Solleder. Das Thema sei wichtig und der Tag trage dazu bei, dass sich Senioren hier wohlfühlen und am gesellschaftlichen Leben teilnehmen können. „Hören verbindet, auch im Alter.“ Dr. Solleder dankte Prof. Gostian und seinem Team für die hervorragende Arbeit in der HNO-Klinik. Sie sei geprägt von hoher medizinischer Fachkompetenz. Als HNO-Zentrum sei die Klinik in Hinblick auf den Medizincampus Niederbayern wesentlicher Bestandteil der universitären Entwicklung.
Alles aus einer Hand an der Hörklinik Niederbayern
Zwei neue Kollegen, Alexander Heigl und Johannes Schmelzl, machten das Cochlea Implantations-Team an der HNO-Klinik komplett, informierte Prof. Gostian. Von der Diagnose über die Therapie bis zur Nachsorge könne den Patienten, die ein Hörimplantat bekommen, an der Hörklinik Niederbayern nun alles aus einer Hand angeboten werden. Die Sicherheit und Lebensdauer von Cochlea Implantaten werde immer besser. Alle Hersteller hätten über die Jahre sehr effiziente und sehr zuverlässige Implantate entwickelt. Gut 90 Prozent erreichten eine Lebensdauer von über 30 Jahren, zitierte Prof. Gostian von Patienten, die als Kind ihr erstes CI erhalten hatten. Eine Reimplantation sei äußerst selten nötig. Wenn doch, könne man das gute Hören aber erhalten oder sogar verbessern.
Hörstörungen werden oft zu spät erkannt
Ab einem Alter von 60 Jahren steigt der Anteil versorgungsbedürftiger Schwerhörigkeiten deutlich an, beschrieb HNO-Ärztin Dr. Elisabeth Wimmer von der HNO-Klinik die Zunahme des schlechten Hörens im Alter. „Hörstörungen sind insgesamt unterdiagnostiziert und untertherapiert“, ist ihr Fazit. Genaue Zahlen gebe es für Deutschland jedoch nicht. Den Vorschlag des Berufsverbands der HNO-Ärzte, ein Hörscreening für Menschen ab 50 Jahren einzuführen, unterstütze die HNO-Klinik.
Wenn man den anderen nicht mehr versteht
Für wen ist ein Cochlea Implantat eine Option? Zur Beantwortung dieser Frage werde bei Patienten, die Sprache auch mit Hörgerät nur noch sehr schlecht verstehen, ein Hörtest mit Hörgerät gemacht, sagte Dr. Elisabeth Wimmer. Werden dabei von den kurzen, einsilbigen Wörtern zu wenig verstanden könne ein Cochlea Implantat die Verständlichkeit deutlich verbessern. Die standardisierte Operation dauere rund eine Stunde. Implantation und Implantat seien sowohl sicher als auch effektiv. Das Alter spiele für den Eingriff keine Rolle. Der Patient müsse jedoch geistig fit sein und lernen, die neuen Höreindrücke zu verstehen.
Selbsthilfegruppe trifft sich am Klinikum St. Elisabeth
Über die Potentiale der Hörgeräteversorgung sprach Dr. Frank Digeser, technischer Leiter am CI-Zentrum der HNO-Universitätsklinik Erlangen. Sein Appell: „Je früher mit der Versorgung mit dem Hörgerät begonnen wird, desto besser sind Akzeptanz und Sprachverstehen.“ Prof. Gostian präsentierte anschließend Herausforderungen und Erfolge der CI-Versorgung aus Sicht des HNO-Arztes. Thomas Kristen, Hörtherapeut im Therapiezentrum für Hören und Kommunikation der Praxis Hanik in München sprach über die Hörrehabilitation von CI-versorgten Patienten aus therapeutischer Sicht.
Die Selbsthilfegruppe „Grenzgänger – Hören am Fluss in Niederbayern“ stellte sich vor. Sie bietet monatliche Treffen in Straubing am Klinikum St. Elisabeth sowie in Passau und Deggendorf an. Die Besucher nutzten am Hörtag die Gelegenheit, mit dem Team der HNO-Klinik, mit Selbsthilfegruppen, CI-Herstellern und -Trägern sowie Hörakustikern ins Gespräch zu kommen. -urs-