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Was steckt hinter Inkontinenz oder Verstopfung?

(10.10.2022)

Eine in Deutschland seltene Untersuchungsmöglichkeit ohne Strahlenbelastung am Klinikum Straubing kann Ursachen aufspüren

Über Inkontinenz spricht keiner gerne. Viele schämen sich, unfreiwillig Urin zu verlieren oder mangelnde Kontrolle über ihren Darm zu haben. Doch was steckt hinter den Beschwerden? Eine wenig bekannte, aber vielversprechende Untersuchungsmethode, Informationen über Funktionsstörungen des Beckenbodens zu gewinnen, ist die so genannte Magnetresonanz-Defäkographie. Diese Untersuchung wird von der Klinik für Interventionelle und Diagnostische Radiologie am Klinikum Straubing angeboten. „Der diagnostische Nutzen dieser Technik ist bei entsprechender Fragestellung wissenschaftlich belegt. Wir konnten schon vielen Patienten helfen, ihren Leidensweg abzukürzen“, sagt Leitender Oberarzt Dr. Johannes Moersler von der Klinik für Radiologie.

Harninkontinenz ist weit verbreitet. In einer deutschlandweiten Studie von 2005 gaben 13 von 100 Erwachsenen aller Altersstufen und Geschlechts an, inkontinent zu sein. „Grundsätzlich nehmen Beckenboden-Funktionsstörungen mit dem Alter zu und betreffen die Frau häufiger als den Mann.“ Zu diesen Funktionsstörungen gehört auch die Verstopfung. Weiter zählen dazu das Gefühl der unvollständigen Entleerung von Blase oder Darm, wiederholte dranghafte Toilettengänge und schmerzhafter Stuhl- oder Harndrang. „Unsere Patienten haben oft eine lange und frustrierende Leidensgeschichte hinter sich, in der sie nicht selten von einem Facharzt zum nächsten wechseln“, berichtet Dr. Moersler.

Bündelung der Kompetenzen im Beckenbodenzentrum

Funktionsstörungen des Beckenbodens und daraus resultierende Beschwerden betreffen meist mehr als nur ein Organsystem. Daher ermöglicht die interdisziplinäre Zusammenarbeit der beteiligten Fachgebiete das bestmögliche Ergebnis für den Patienten. Die Bündelung der Kompetenzen erfolgt in Zentren wie dem Beckenbodenzentrum am Klinikum Straubing. „Hier schlägt die Radiologie mit der dynamischen Magnetresonanztomographie des Beckenbodens eine Brücke zwischen den beteiligten Fachdisziplinen“, sagt Dr. Moersler.

Neue Erkenntnisse durch Untersuchung

Die MR-Defäkographie ist eine bildgebende Untersuchung des Beckenbodens und der Beckenorgane sowohl in Ruhe als auch während der Darmentleerung. In einem Magnetresonanz-Tomographen (MRT) wird zum einen der untere Teil des Beckens auf krankhafte Veränderungen untersucht. Zum anderen wird mit Spezialaufnahmen die simulierte Darmentleerung abgebildet – dazu wird vorab ein Kontrastmittel in den Enddarm eingebracht. So können insbesondere gestörte Funktionsabläufe oder Organveränderungen und deren Ursache erkannt werden. In einem Vorgespräch bereitet der untersuchende Radiologe den Patienten auf den Ablauf der Untersuchung vor. Sie dauert etwa 20 Minuten und ist völlig ohne Strahlenbelastung.

Vorteile für Therapievorschlag

„Der durch die Untersuchung erzielte Informationsgewinn ist einzigartig“, stellt Dr. Moersler heraus. Die Methode kann alte Befunde bestätigen oder ausschließen, oft werden zusätzliche Befunde gestellt. Auf der Basis aller Untersuchungsergebnisse lässt sich die bestmögliche Therapie für den jeweiligen Patienten entwickeln. Im Vergleich zur oft eingesetzten Computertomographie (CT) werden keine schädlichen Röntgenstrahlen benötigt und der Weichteilkontrast ist wesentlich höher, so dass Muskeln, Bänder oder in dem Fall Harnblase, Vaginalschlauch oder der Darm viel besser erkennbar sind. Zudem sind Bewegtbilder erstellbar, die eine differenzierte Diagnose der Funktionsabläufe ermöglichen. Die MR-Defäkographie ist derzeit nicht im Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen aufgeführt. Die Kosten werden daher unter Umständen nur auf gesonderten Antrag erstattet.  -urs-

Klinik für diagnostische und interventionelle Radiologie