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Von der hilfreichen Rolle des Zufalls

(26.06.2024)

Privatdozent Dr. Thomas Betz ist Chefarzt der neuen Klinik für Gefäßchirurgie

Die berühmten ersten Tage sind fast rum. Privatdozent Dr. Thomas Betz (45) ist seit 1. April Chefarzt der neuen Klinik für Gefäßchirurgie am Klinikum St. Elisabeth. Er fühlt sich angekommen, im Klinikbetrieb wie im Straubinger Stadtleben. Obwohl erst einmal nur mit Zweitwohnsitz hier, hat er sich schon viel umgesehen – mit Besuch im Gäubodenmuseum, in den Kirchen rund um den Stadtplatz. Und Test der hiesigen Gastronomie, seine Diagnose – „sehr gut“. Er hat sich bereits eine Lederhose gekauft und Tische am Gäubodenvolksfest reserviert, das dem gebürtigen Oberbayern aus Beilngries, Landkreis Eichstätt, längst ein Begriff war. Die Frage des Angekommenseins erübrigt sich.

Zuletzt war der habilitierte Facharzt für Gefäßchirurgie am Universitätsklinikum Regensburg tätig, als Leitender Oberarzt im Fachbereich von Prof. Dr. Karin Pfister. Die Barmherzigen Brüder sind schon früher sein Arbeitgeber gewesen, 15 Jahre lang war er in Regensburg in deren Krankenhaus tätig, davor zwei Jahre lang in Schwandorf. Die familienfreundliche Lebensqualität in Schwandorf hat er geschätzt, noch mehr aber das breite medizinische Spektrum in Regensburg, insbesondere an der Universität. „Ich habe dort viel gelernt.“

Innovativer, visionärer Krankenhausträger

Als er von der ausgeschriebenen Chefarzt-Stelle einer neuen Hauptabteilung Gefäßchirurgie in Straubing erfuhr, habe er nicht lange überlegt, sagt er. Ostbayern habe ihm entsprochen. Die Barmherzigen Brüder kenne er als patientenorientierten, innovativen, visionären Krankenhausträger. Das Straubinger Klinikum sei groß, das Behandlungsspektrum auch in seiner Sparte weit. Dr. Christoph Weber, der seit vielen Jahren hier seine Expertise einbringt und leitender Oberarzt ist, war ihm ein Begriff, Klinikum-Geschäftsführer Dr. Martin Baumann nicht minder, der in Schwandorf damals Klinik-Chef gewesen sei. So schließt sich der Kreis.

Die neue Abteilung zähle vier Assistenzärzte, der vierte komme im Juli ins Haus. Und im September vervollständige ein Oberarzt das Team, der Herzchirurg sei und jetzt den Facharzt Gefäßchirurg draufsattle. Was Betz sehr entspricht, ist, dass er hier personenfixiert Medizin betreiben könne, sprich weniger anonym als an einem Universitätsklinikum. Es bestehe enger Kontakt zu den Patienten, mit denen man gut ins Gespräch komme.

Per Zufall zur Fachrichtung gekommen

Wie ist er zur Gefäßchirurgie gekommen? „Zufall“, sagt Betz lachend. Eigentlich, holt er aus, habe er Forstwirtschaft studieren wollen und nach dem Abitur erst einmal Zivildienst gemacht. Er habe auf einer Intensivstation gearbeitet. „Das hat mich berührt.“ Die Ärzte dort hätten ihn beeindruckt. Da sei die Entscheidung gereift, Medizin zu studieren. Allerdings habe seine Abiturnote dem Numerus Clausus nicht entsprochen, er habe sich auf eine Wartezeit einstellen müssen.

Nach einem Jahr habe ihm der Zufall in die Hände gespielt: Ein von der zentralen Vergabestelle zugeteilter Studienplatz sei nicht angenommen worden und er sei als Nachrücker zum Zug gekommen. Der Studienort wurde zugeteilt - Halle an der Saale in Sachsen-Anhalt. Betz hat dort studiert, promoviert, die Stadt schätzen gelernt – und seine Frau kennengelernt.

Nach sechs Jahren hat sich das Paar entschlossen, nach Süddeutschland zu gehen. Betz wollte hier die Facharztausbildung absolvieren. Chirurgie hatte er im Sinn. Er hatte zwei Vorstellungsgespräche. Die erste Zusage kam von den Barmherzigen Brüdern. Dort entwickelte sich seine Konzentration auf Gefäßchirurgie. „Ein Nischenfach.“ Er sei dabei geblieben und ist sicher: „Ich habe mich richtig entschieden.“

Die Sparte hat sich emanzipiert

In den vergangenen 20 Jahren habe sich diese Sparte sehr emanzipiert. Minimalinvasive OP-Verfahren – Stents, Gefäßaufdehnungen – hätten Möglichkeiten erweitert. Gefäßerkrankungen seien häufig – auch und gerade im Zusammenhang mit einer älter werdenden Gesellschaft und angesichts der verbreiteten Risikofaktoren Diabetes, Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörungen, Übergewicht und Rauchen. Rauchen sei der „Gefäßkiller Nr.1“.Am häufigsten in der Praxis – die Klinik hat auch eine Ambulanz – seien chronische Durchblutungsstörungen („viele kennen das Schlagwort Schaufensterkrankheit“), Gefäßverschlüsse, die Behandlung von arterioseklerotischen Krankheitsbildern (Hals- und Beinarterien). Die alternde Gesellschaft spiegele sich hier. Außerdem Aneyrismen und chronische Wunden. Der diabetische Fuß komme so gut wie täglich vor.

Auch wenn man beim Chirurgen vorstellig wird, die Antwort muss nicht gleich Operation heißen. Oft könne man die Grunderkrankung durch eine Änderung des Lebensstils verlangsamen, Komplikationen vermeiden. Nicht selten entscheide man sich, eine OP, die je nach individuellem Fall minimalinvasiv oder herkömmlich durchgeführt wird, erst mit Abstand anzupeilen. In Betz Erfahrung schafften viele, in dieser Zeit an ihren Risikofaktoren zu arbeiten. Die Ernährung umzustellen, sich mehr zu bewegen und vor allem mit dem Rauchen aufzuhören. Dafür sei es nie zu spät. Für die Effekte gebe es zwischenzeitlich wissenschaftliche Nachweise.

Medizincampus Niederbayern als Chance

Der Reiz, am Straubinger Klinikum zu arbeiten, liegt für Betz auch darin, dass der im Aufbau befindliche Medizincampus Niederbayern Perspektiven eröffnet. Er erhofft sich, Studenten für die Chirurgie begeistern zu können, denn die Chirurgie leide ganz besonders unter Nachwuchsmangel. Und natürlich erhoffe man sich, dass der eine oder andere junge Arzt in der Region bleibe.

Betz ist Berufspendler mit Zweitwohnsitz in Straubing, dessen Lebensqualität er sehr zu schätzen weiß. Er schätzt die Historie der „altehrwürdigen Herzogstadt“, die Präsenz der Geschichte der Agnes Bernauer, das Gäubodenvolksfest und die Nähe zum Bayerischen Wald. Er fährt gerne Mountainbike rund um St. Englmar, Pröller, Geißkopf. Er fährt gerne Rad und Motorrad. Ideale Bedingungen. Mit seiner Familie lebt er in Regensburg. Die vier Kinder, 15, zwölf, zehn und acht Jahre alt, gingen dort zur Schule, hätten dort ihren Freundeskreis. Da wolle man sie nicht abrupt herausreißen. Seine Frau arbeitet als Juristin bei der Regierung der Oberpfalz und pendelt zurzeit neben Home Office auch – projektbezogen nach Schwandorf.

An erster Stelle steht deshalb in der freien Zeit die Familie. Außerdem steht Betz auf Musik der achtziger Jahre und schmökert gern in skandinavischen Krimis von Jussi Adler-Olsen und Jo Nesbo und amerikanischen Thrillern von Don Winslow.

Quelle: Monika Schneider-Stranninger, Straubinger Tagblatt vom 29.06.2024

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