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Neuer Masterstudiengang Patientensicherheit

(05.02.2020)

Erstmals in Deutschland - TU München, Klinikum rechts der Isar und Klinikum St. Elisabeth Straubing kooperieren

Das Thema Patientensicherheit spielt eine immer größere Rolle. Eine Antwort darauf gibt die Technische Universität München (TUM), die den berufsbegleitenden Masterstudiengang „Patientensicherheit - Safety in Healthcare“ erstmals in Deutschland etablieren möchte. Er soll in Straubing und München stattfinden und ab Ende 2020 Lehre mit praktischen Trainings verbinden. Partner der TUM sind das Klinikum St. Elisabeth Straubing und das Klinikum rechts der Isar München.

Bei einem Pressegespräch gab der bayerische Wissenschaftsminister Bernd Sibler am Montag im Klinikum St. Elisabeth erste Details bekannt. Dr. Christoph Scheu, Geschäftsführer des Klinikums St. Elisabeth, misst dem Studiengang höchste Bedeutung bei, denn: „Der Handlungsdruck im Bereich Patientensicherheit wird zunehmen.“

Die Sorgen in der Bevölkerung vor Zwischenfällen bei der Behandlung im Krankenhaus seien real, verwies Dr. Scheu auf die Ergebnisse einer aktuellen Umfrage. Weit verbreitet sei vor allem die Angst vor Ansteckung mit multiresistenten Keimen und vor Behandlungsfehlern.

In den USA seien medizinische Fehler die dritthäufigste Todesursache. Übertrage man die Zahlen auf Deutschland – Daten hierzu gebe es nicht –, müsse von 60.000 bis 70.000 vermeidbaren Toten jährlich ausgegangen werden. „Das entspricht dem Absturz von drei Boeing 747 pro Woche“, veranschaulichte Dr. Scheu. Entsprechende Forschung und Lehre sei daher das Gebot der Stunde.

„Es gibt Lösungen, das Gesundheitswesen sehr sicher zu machen“, ist der Geschäftsführer des Klinikums St. Elisabeth überzeugt. Nach dem Vorbild der USA könnten Erkenntnisse aus verschiedenen Bereichen wie Medizin, Verhaltensforschung, Public-Health-Daten und Daten zu Schadensfällen zu wirksamen Lösungen kombiniert werden. Um diese wissenschaftlichen Daten zielführend anzuwenden, sei ein Bündel an Maßnahmen nötig. Es umfasse beispielsweise die laufende technische Überwachung von Geräten und Gebäuden, standardisierte Kommunikationstechniken, Arbeiten nach Checklisten und Simulationstrainings.

In den vergangenen 20 Jahren sei Forschung zum Thema Patientensicherheit fast ausschließlich aus den USA gekommen, machte Dr. Scheu auf Defizite in Deutschland und Europa aufmerksam. Erst 2017 habe die OECD das bisher verkannte Thema der Patientensicherheit als wichtiges wirtschaftliches Handlungsfeld definiert. Als erste Universität in Europa habe das Imperial College London Ende 2017 einen Masterstudiengang zu dem Thema gestartet Das dargestellte Kooperationsprojekt zwischen München und Straubing spielt daher als europaweit erst zweiter Studiengang auch eine Vorreiterrolle.

OB Markus Pannermayr lobte das Klinikum St. Elisabeth als ein leistungsfähiges Haus, das dank zukunftsweisender Projekte eine gute Entwicklung nehme. Mit der TU München habe das Klinikum einen starken Partner an seiner Seite, um den neuen Masterstudiengang auf den Weg zu bringen. „Wir hoffen, dass noch eine große deutsche Luftfahrtgesellschaft oder eine Hochsicherheitsorganisation als Partner gewonnen werden kann“, sagte Dr. Scheu.

Dass das Straubinger Klinikum, Lehrkrankenhaus der TU München, als Partner des Masterstudiengangs ausgewählt wurde, komme nicht von ungefähr, erklärte Dr. Angelika Werner, Leiterin der Stabstelle für Qualitäts- und Risikomanagement des Klinikums rechts der Isar: „Am Straubinger Klinikum ist eine große Expertise in Sachen Patientensicherheit vorhanden.“ Der Krankenhausverbund der Barmherzigen Brüder habe bereits vor einigen Jahren eine eigene Stelle für Patientensicherheit geschaffen, von der alle Häuser profitierten, bekräftigte Verbunds-Geschäftsführer Christian Kuhl.

Angesichts des großen Forschungsbedarfs im Bereich Patientensicherheit bedankte sich Dr. Angelika Werner bei der Politik für die schnelle Unterstützung und sagte: „Der neue Studiengang wird die Qualität der Versorgung für die Patienten verbessern. Er kommt bei den Menschen an.“ Für den Masterstudiengang würden Gebühren erhoben, er solle zwei Jahre dauern und mit 25 Plätzen modular starten. Geeignet sei der Studiengang nicht nur für Mediziner, sondern auch für Verantwortliche in klinischen Funktionsbereichen, Führungskräfte, Akteure im Gesundheitswesen und in der Gesundheitspolitik sowie Dozenten. Neben Bewerbern mit Bachelor richte sich der Studiengang auch an nichtakademische Interessenten: bei einem Zertifikatslehrgang – einem Modul des Studiengangs ­– würden die Teilnehmer zu Patientensicherheitsbeauftragten ausgebildet.

„Die Finanzierung des neuen Masterstudiengangs steht“, gab der bayerische Wissenschaftsminister Sibler bekannt: „Wir haben zwei Stellen auf den Weg gebracht. Nun brauchen wir noch das Konzept.“ Die Konzeption für den neuen Studiengang entwickeln Professor Pascal Berberat, Studiendekan der TUM Fakultät für Medizin, Dr. Angelika Werner und das Klinikum St. Elisabeth gemeinsam. Dr. Scheu stellte den Praxisbezug der berufsbegleitenden Ausbildung heraus: „Wir werden gemeinsam Lösungen erarbeiten, die in anderen Häusern und medizinischen Einrichtungen importiert werden können.“

Die TU München möchte mit dem neuen Masterstudiengang ihr Engagement am Wissenschaftsstandort Straubing mit einem Brückenschlag zur Medizin stärken, heißt es in ihrer Pressemitteilung.  Die neue medizinische Ausbildung bedeute Pionierarbeit für den europäischen Kontinent. -urs-