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Klinikum St. Elisabeth setzt auf Simulationstraining - Sicherheit für Schwerverletzte

(02.03.2017)

Schwerer Unfall auf der B20. Ein Wagen prallt auf einen Lastwagen. Der Wagen überschlägt sich und bleibt auf dem Dach liegen. Der Fahrer des Wagens ist eingeklemmt und muss von der Feuerwehr befreit werden. Im Notfallzentrum des Klinikums St. Elisabeth kommt er sofort in den Schockraum, wo ein mehrköpfiges Team hochkonzentriert um sein Leben kämpft. „Im Simulationstraining werden derartige Szenarien so oft durchgespielt, bis jeder Handgriff sitzt.

Basis hierfür ist unser neues Schockraumkonzept“, sagt PD Dr. Stefan Grote, Chefarzt der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie am Klinikum, der das bestehende Konzept zur Versorgung von Schwerverletzten (Schockraumkonzept) gemeinsam mit Chefärzten der beteiligten Disziplinen und Dr. Robert van Arkel, Leiter der Abteilung Organisationsentwicklung und Patientensicherheit, weiterentwickelte. Erklärtes Ziel moderner Schockraumbehandlung sei es, den Patienten nicht nur intensivmedizinisch zu stabilisieren, sondern möglichst schnell einer umfassenden Diagnostik zuzuführen.

„Nur ein schnelles, fundiertes Bild des Verletzungsmusters ermöglicht eine zielorientierte  Versorgung. Grundlage ist das CT (Computertomogramm). Man weiß heute sehr genau, dass die Überlebenschancen von Traumapatienten v.a. dann massiv ansteigen, wenn das CT frühzeitig erfolgt“ pflichtet auch Dr. Hannes Häuser, Chefarzt der Klinik für Radiologie, bei. Es gibt aber Ausnahmesituationen bei denen das CT nicht am Anfang steht. Beispielsweise könne eine lebensbedrohliche innere Blutung dazu führen, dass der Patient ohne weiteren Zeitverlust direkt in den OP verbracht werden müsse. Oder es müssen lebensrettende Maßnahmen eingeleitet werden, bevor die Durchführung eines CT´s möglich ist. Hier müssen die Experten aller Disziplinen nach einer gemeinsam Ersteinschätzung, unter Koordination eines Teamleaders, binnen weniger Minuten die Entscheidung zusammen treffen, was der für den Patienten der beste nächste Schritt ist.

„Die Versorgung von Schwerverletzten im Schockraum stellt ein Krankenhaus, aber auch die Teams vor Ort, vor große Herausforderungen“, erklärt Prof. Matthias Jacob, Chefarzt der Klinik für Anästhesie, Operative Intensivmedizin und Schmerzmedizin. Das interdisziplinäre, bis zu elfköpfige Schockraumteam müsse in wechselnder Besetzung Patienten mit unterschiedlichsten lebensbedrohlichen Verletzungen schnell und optimal behandeln. „Dabei sind die verfügbaren Informationen am Anfang meist minimal und auf dem Team lastet großer Druck.“

Damit Schwerverletzte im Schockraum des Klinikums St. Elisabeth nach Plan versorgt werden, probten die Beteiligten innerhalb der letzten Wochen den Ernstfall im Rahmen von Simulationstrainings an High-Tech-Puppen. Diese elektronischen Puppen können sprechen, atmen, stöhnen, bluten, erbrechen und Komplikationen simulieren, die auch im Alltag immer wieder auftreten. Im Unterschied zum Ernstfall aber bietet professionelle Simulation die Möglichkeit, die Reaktion des Teams aus Ärzten und Pflegern der Bereiche Anästhesie, Notfallzentrum, Unfallchirurgie und Radiologie einzuüben, ggf. auch zu wiederholen, ohne dass ein Mensch in Gefahr ist. 

Der Teamleader gewährleistet, dass im Schockraum stets gleich vorgegangen wird. Er bündelt alle Informationen und kommuniziert diese permanent an das Expertenteam. Auch die reibungsarme Zusammenarbeit mit anderen Fachrichtungen, die Bedarfsweise hinzugezogen werden, ist keine Selbstverständlichkeit und muss trainiert werden. Die Teammitglieder tragen Westen, auf die Funktion und Disziplin wie „Teamleader“, „Unfallchirurgie Arzt“, „Anästhesie Arzt“ oder „NFZ Pflege“ geschrieben steht. So können sich auch Dritte wie Rettungssanitäter oder neue Mitarbeiter rasch orientieren.

Die Vorbereitung des Schockraums folgt festen Standards. Jedes Mitglied des Schockraum-Teams steht an einem festen Platz, wenn der Rettungsdienst den Patienten übergibt. „Besteht ein vitales Problem?“ stellt der Teamleader dem Notarzt die Kernfrage um eventuell die lebensrettende Versorgung währende der Übergabe in die Wege zu leiten. Er notiert wichtige Informationen über den Patienten im Übernahme-Protokoll und überprüft anhand einer Checkliste, dass nichts vergessen wurde was für die spätere Versorgung von Bedeutung sein könnte. Aufgabe des Teamleaders ist es, dass alle Teammitglieder zu jedem Zeitpunkt alles Notwendige über den Patienten wissen.

Nach Auskunft von Dr. van Arkel (Leiter der Abteilung Organisationsentwicklung und Patientensicherheit) werden alle Ärzte und Pflegekräfte geschult, die für die Besetzung des Schockraum-Teams am Klinikum in Frage kommen. Dafür werden von einem externen professionellen Anbieter für Simulationstrainings 15 ganztägige Trainings durchgeführt. Unterm Strich nehmen daran insgesamt knapp 200 Mitarbeiter der verschiedenen Abteilungen teil. Während des Trainingstages werden etwa sechs verschiedene Szenarien durchgespielt und anschließend im Rahmen sogenannter „Debriefings“ ausführlich besprochen, um das eigene Tun und die Interaktion im Team immer weiter zu verbessern. „Nur mit Hilfe von Simulationstrainings können wir für den Ernstfall sicherstellen, dass die unterschiedlich zusammengesetzten Teams in so anspruchsvollen Situationen wie der Versorgung von Schwerverletzten optimal zusammenarbeiten“.Im Februar und März sind die 15 Termine für das Simulationstraining festgesetzt. Die Resonanz unter den Mitarbeitern ist positiv: „Die Leute sind sehr motiviert. Das Training gibt ihnen die Sicherheit, die sie brauchen, damit im Notfall jeder Handgriff sitzt.“ -urs-

Definition Schockraum

Der Schockraum gehört zum Notfallzentrum des Klinikums St. Elisabeth. Hier werden mehrfach- oder schwerverletzte Patienten, die in Lebensgefahr schweben, erstversorgt. Ein Patient kommt in den Schockraum, wenn der Unfallmechanismus oder das Verletzungsbild Lebensgefahr nahelegen, z.B. wenn er bei einem Verkehrsunfall im Fahrzeug eingeklemmt war oder wenn Gliedmaßen abgetrennt wurden. Technische Einrichtung des Schockraums und Know-How des interdisziplinären Schockraumteams unterliegen hohen Anforderungen. Jährlich werden im Klinikum St. Elisabeth rund 150 Schwerverletzte versorgt.