Medien

„Ich kann wieder hören“

(26.08.2024)

Nach einer Cochlea-Implantat-Operation am Klinikum St. Elisabeth schwärmt die 45-jährige Mühldorferin Jovelyn Truong: „Ich kann das nur jedem Betroffenen empfehlen“

Zwei Jahre lang war die 45-jährige Jovelyn Truong aus Mühldorf am Inn völlig taub. Beginnend mit einem Tinnitus verlor sie nach und ihr komplettes Hörvermögen. „Als mir ein Arzt in München zum ersten Mal eine Cochlea Implantat empfahl, war ich entsetzt“, erinnert sie sich. Im September 2023 ließ sie sich von Prof. Dr. Antoniu-Oreste Gostian, Chefarzt der Klinik für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde am Klinikum St. Elisabeth, am linken Ohr ein Cochlea Implantat einsetzen. „Jetzt kann ich wieder ganz normal hören und sogar mit meiner Mutter auf den Philippinen telefonieren“, schwärmt Jovelyn Truong vom Behandlungserfolg.

Ihre Leidensgeschichte begann im Jahr 2020. Anfangs hörte sie jeweils nur wenige Sekunden lang schlecht und gleichzeitig war ihr schwindlig. „Meine Kollegen und mein Mann fragten mich immer öfter, ob ich sie nicht verstanden habe“, erzählt die 45-Jährige. Im Juli 2020 ging sie in Mühldorf zum Hals-Nasen-Ohren-Arzt. Der diagnostizierte einen Tinnitus und verschrieb ihr entsprechende Medikamente. Doch die erhoffte Heilung blieb aus. „Ende Februar 2021 habe ich fast überhaupt nichts mehr gehört.“ Ein normales Hörgerät half nur kurzzeitig weiter. „Ende 2021 habe ich trotz des Hörgeräts nichts mehr gehört.“

Ihr Schwager, der ebenfalls von Schwerhörigkeit geplagt wird, empfahl ihr einen Hals-Nasen-Ohren-Arzt in München, der ihr ein Cochlea Implantat als letzte Möglichkeit gegen die lebenslange Taubheit präsentierte. „Ich war entsetzt von dem Gedanken, dass mir ein technisches Gerät hinter dem Ohr unter die Haut eingepflanzt wird und eine Elektrode in die Hörschnecke geschoben wird“, berichtet Jovelyn Truong.

Betroffene berichten von sehr guten Erfolgen

Beim Gespräch mit dem Münchner Arzt lehnte sie ein Implantat kategorisch ab. Doch daheim in Mühldorf begann sie, sich intensiv über diese Behandlungsmethode zu informieren. Im Internet entdeckte sie viele Seiten mit Erfahrungsberichten von Betroffenen, die ähnliche Schicksale wie sie erlebt haben, nach einer Operation wieder hören konnten und nur Positives berichteten. „Der Gedanke, dass ich mein Leben lang taub sein werde, hat mir überhaupt nicht gefallen. Und so ist in mir nach und nach die Entscheidung für das Cochlea Implantat gewachsen“, erzählt die 45-Jährige.

Durch einen Zufall hat es die Mühldorferin zur Abklärung des weiteren Vorgehens an das Straubinger Klinikum verschlagen. Bei einem ersten Gespräch mit Prof. Gostian war sie noch auf die Hilfe ihres Handys angewiesen, auf dem sie lesen konnte, was der Chefarzt sagte. Weil sie sich bei Prof. Gostian, Ärztin Dr. Elisabeth Wimmer und Audiometristin Alla Gutjar von der Klinik für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde auf Anhieb gut aufgehoben fühlte, stimmte sie den weiteren Schritten in Richtung Operation zu.

Eineinhalbstündige Operation am Ohr

Im September 2023 war es dann soweit. Bei einer etwa eineinhalbstündigen Operation setzte ihr Prof. Gostian die elektronische Innenohrprothese hinter dem linken Ohr ein. Das wenige Millimeter dicke Gerät wird dabei unter der Kopfhaut in den Knochen eingelassen. Eine Elektrode, die für den Laien wie ein dünner Plastikfaden aussieht, wird in die Hörschnecke eingebracht und überträgt das elektrische Signal vom Sprachprozessor, der wie ein Hörgerät außen am Kopf getragen wird, an den Hörnerv.

„Nach der Operation hatte ich zwei oder drei Tage leichte Kopfschmerzen und die Stelle hinter dem Ohr war etwas geschwollen“, berichtet Jovelyn Truong. Mittlerweile erinnert sie nur noch die kleine Erhabenheit des Implantats hinter dem Ohr daran, dass hier ein technisches Gerät seinen Dienst verrichtet. Etwa vier Wochen nach der Operation erhielt sie zur Innenkomponente auch den äußerlichen Sprachprozessor am Klinikum angepasst. „Das war anfangs sehr gewöhnungsbedürftig, weil alles sehr metallisch klang. Außerdem sind die vielen Geräusche, die man nach langen Monaten völliger Stille plötzlich wieder hört, anfangs sehr verwirrend.“

Langfristige Begleitung der Patienten wichtig

In der ersten Zeit zweimal im Monat, später einmal im Monat muss Jovelyn Truong zu Kontroll-, Einstellungs- und Rehaterminen ans Klinikum St. Elisabeth und ans Cochlea-Implant-Zentrum Ostbayern am Institut für Hören und Sprache kommen. „Um das optimale Ergebnis zu erreichen, ist eine langfristige Begleitung der Patienten wichtig“, betont Dr. Elisabeth Wimmer vom Klinikum St. Elisabeth, die die Patientin betreut. Neben der technischen Einstellung des Geräts sind Hör- und Sprachübungen wichtig, weil das Hören teilweise neu gelernt werden muss.

Weil die erste Operation so erfolgreich war, hat sich Jovelyn Truong vor vier Wochen auch am zweiten Ohr ein Cochlea Implantat einbringen lassen. Am Donnerstag hat ihr Dr. Elisabeth Wimmer auch den zweiten äußeren Sprachprozessor angepasst und ist sehr zufrieden mit ihrer Patientin: „Nicht bei jedem Patienten stellen sich die Erfolge so rasch ein wie bei Jovelyn Truong. Dass sie schon wenige Monate nach der ersten Operation wieder telefonieren konnte, ist unglaublich. Wenn Patienten für eine Versorgung mit einem Cochlea Implantat sorgfältig ausgewählt werden und dafür geeignet sind, sehen wir aber bei allen rasche Fortschritte.“

Über 30 Operationen am Klinikum durchgeführt

Über 30 Patienten hat Prof. Gostian am Klinikum St. Elisabeth seit vergangenem Jahr mit einem Cochlea Implantat versorgt. Prof. Gostian hat langjährige Erfahrung mit Cochlea Implantaten und der anschließenden Versorgung der Patienten an den Universitätskliniken Köln und Erlangen gesammelt. In Erlangen war er am Cochlea-Implant-Centrum tätig und am Aufbau des Hörzentrums Nordbayern mit einem besonderen Schwerpunkt von Innenohr- und aktiven Mittelohrimplantaten beteiligt.

Weil Patienten aus Niederbayern bislang weite Wege zu entsprechenden Fachkliniken zurücklegen mussten und der Bedarf groß ist, setzt sich Prof. Gostian für den Aufbau einer heimatnahen Versorgung der Patienten auf dem Gebiet der Hörmedizin in Niederbayerns einziger hauptamtlicher HNO-Klinik in Straubing ein.

„Das Klinikum Straubing und der Krankenhausverbund der Barmherzigen Brüder unterstützen mich dabei sehr“, freut sich Prof. Gostian. Zwei weitere Fachkräfte werden demnächst sein Team bei der Vor- und Nachsorge unterstützen. Durch eine Zertifizierung seiner Klinik nach den aktuellen Kriterien werde auch nach außen hin der hohe Qualitätsstandard sichtbar gemacht.

Wie groß der Bedarf von Hörhilfen in der niederbayerischen Bevölkerung ist, habe der erste Hörtag am Klinikum heuer im März gezeigt, betont Prof. Gostian. Über 150 Interessenten kamen und ließen sich umfangreich beraten. Deshalb ist der zweite Straubinger Hörtag am Klinikum bereits festgelegt auf den 15. März 2025.Egal ob Kind oder Senior – ein Cochlea Implantat könne in vielen aussichtslosen Fällen Hilfe bringen. Wegen der Kosten für die Operation brauche man sich als Patient keine Sorgen machen: Wenn der Arzt die medizinische Notwendigkeit bescheinigt, trägt die Krankenkasse alle Kosten.

Das hat auch Jovelyn Truong sehr erleichtert. Am meisten aber freut sie sich über das wiedergewonnene Gehör: „Ohne Gehör ist das ganze Leben trostlos. Ich bin so froh darüber, dass ich jetzt wieder richtig hören kann.“

Klinik für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde

Quelle: Josef Unterholzner, Straubinger Tagblatt vom 24.08.2024