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Eierstockkrebs: Risiken, Diagnose und moderne Therapieansätze

(27.05.2025)

Interview mit Chefarzt Dr. Carsten Scholz über Fortschritte im Therapiemanagement

Unter dem Motto „Gute Therapie braucht gute Kommunikation!“ stand heuer der Welteierstockkrebstag am 10. Mai. Ziel ist es, für die lebensgefährliche Tumorerkrankung mehr Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit zu erzeugen. Eine von 72 Frauen erkrankt im Laufe ihres Lebens an Eierstockkrebs. Trotz meist später Diagnose habe die Medizin in den vergangenen Jahren große Fortschritte in der operativen und medikamentösen Krebstherapie erzielen können, sagt Dr.  Scholz, Chefarzt der Frauenklinik und Leiter des Gynäkologischen Krebszentrums und Brustzentrums am Klinikum St. Elisabeth Straubing. Wir sprachen mit ihm über Risikofaktoren und Heilungschancen.

Welche Beschwerden können auf Eierstockkrebs hindeuten?

Dr. Carsten Scholz: Typische Anzeichen für Eierstockkrebs gibt es nicht. Die Beschwerden sind meist unspezifisch. Blähungen, Völlegefühl, Bauchschmerzen und häufigeres Wasserlassen können Warnsignale sein und die Tumorerkrankung begleiten. Diese Symptome sollten durch eine weitere Diagnostik abgeklärt werden.

Kann man Eierstockkrebs vorbeugen? Welche Risikofaktoren sind bekannt?

Dr. Carsten Scholz: Dem Eierstockkrebs im klassischen Sinn vorzubeugen, ist nicht möglich. Bei familiärer Belastung ­­– wie Genmutationen von BRCA1 und BRCA2 – kann man auf beiden Seiten die Eierstöcke vorbeugend entfernen. Aufgrund der vielfältigen Aufgaben der Eierstöcke ist man mit solchen vorbeugenden Operationen aber vor dem 40. Lebensjahr zurückhaltend. Was häufiger gemacht wird, ist die vorbeugende Entfernung der Eileiter. Steht beispielsweise eine Sterilisation an, wird den Frauen die Entfernung der Eileiter angeboten, da wir durch molekulargenetische Untersuchungen wissen, dass die Ursache der Erkrankung an Eierstockkrebs oft in Veränderungen – so genannten Vorläufer-Läsionen – der Eileiter liegt. Eine Beeinträchtigung der Funktion der Eierstöcke insbesondere in Hinblick auf die Hormonproduktion durch diese Operation besteht nicht.

Gibt es eine Früherkennungsuntersuchung für Eierstockkrebs?

Dr. Carsten Scholz: Eine klassische Vorsorgeuntersuchung für Eierstockkrebs wie beispielsweise die Mammographie bei Brustkrebs gibt es leider nach wie vor nicht. Deshalb wird der Eierstockkrebs häufig erst sehr spät erkannt. Bei Frauen, die aufgrund familiärer Häufung von Eierstockkrebs zur Risikogruppe zählen, sollte eine interdisziplinäre Beratung durch den Frauenarzt und einen Humangenetiker erfolgen sowie ein genetischer Test angeboten werden. 

Wie wird Eierstockkrebs diagnostiziert?

Dr. Carsten Scholz: Bei Beschwerden können neben der körperlichen Untersuchung und dem Ultraschall in der Scheide auch eine Computertomographie oder eine Magnetresonanztomographie wichtige Hinweise auf die Erkrankung liefern. Die weitere Abklärung kann beispielsweise durch eine gezielte Gewebeentnahme im Rahmen der Bauchspiegelung, einer computertomograpischen Untersuchung oder der Punktion von Bauchwasser, das beim Eierstockkrebs in vielen Fällen stark gebildet wird, erfolgen. 

Welche Risikofaktoren gibt es neben der familiären Belastung? Und was schützt Frauen?

Dr. Carsten Scholz: Mit steigendem Alter erhöht sich auch das Risiko, an Eierstockkrebs zu erkranken. Dennoch werden fünf bis zehn Prozent der Krebsdiagnosen bereits vor dem 45. Lebensjahr gestellt. Hierbei handelt es sich meist um sogenannte Keimzelltumore. Ein weiterer Faktor ist das Übergewicht oder Hormontherapien nach der Menopause. Auch kinderlose Frauen haben ein erhöhtes Risiko für eine bösartige Erkrankung des Eierstockes. Schutz vor Eierstockkrebs bietet die Pille und die Sterilisation mit Entfernung der Eileiter. Auch mehrere Schwangerschaften und das Stillen des Kindes gelten als schützende Kriterien. 

Welche Formen von Eierstockkrebs gibt es?

Dr. Carsten Scholz: Die meisten bösartigen Veränderungen gehen von sekretproduzierenden Drüsen aus. Aber auch aus schleimbildenden Drüsen können sich Eierstocktumore entwickeln. Weiter gibt es so genannte Borderline-Tumore, die Veränderungen mit niedrigem bösartigen Potenzial darstellen, aber ebenfalls komplett entfernt werden müssen. 

Wie sind die Heilungschancen bei Eierstockkrebs?

Dr. Carsten Scholz: Von allen an Eierstockkrebs erkrankten Frauen liegt die Fünf-Jahres-Überlebensrate bei 43 Prozent. Die Heilungschancen sind also deutlich niedriger als beispielsweise bei Brustkrebs mit über 80 Prozent. Das liegt vor allem an der meist späten Diagnosestellung in fortgeschrittenen Stadien der Erkrankung. Die tumorentfernende Operation erfolgt immer über einen Bauchschnitt.

Wie wird Eierstockkrebs behandelt?

Dr. Carsten Scholz: Die Behandlung von Eierstockkrebs umfasst zwei Säulen: die Operation und die systemische, also den ganzen Körper betreffende Therapie. Wegen der häufig späten Diagnose hat sich der Tumor meist bereits weit jenseits der Eierstöcke im gesamten Bauchraum ausgedehnt. Über das Bauchwasser verteilen sich die Tumorzellen auch in die kleinsten Nischen zwischen Organen. Bei einer großen, oft mehrstündigen Operation, die nicht selten die Entfernung von Darmanteilen, der Milz und ausgedehnter Bauchfellbereiche umfasst, ist es das Ziel, möglichst alle sichtbaren Krebsstrukturen im Bauch komplett zu entfernen. Voraussetzung für die erfolgreiche Durchführung solcher sehr anspruchsvoller Eingriffe ist ein interdisziplinäres Team von Spezialisten wie gynäkologischen Onkologen, Intensivmedizinern und der Pflege. Die trotz hocheffektiver Operationsmethoden verbliebenen winzigen Tumorherde müssen dann von der sogenannten systemischen Therapie, hier insbesondere der Chemotherapie in Verbindung mit zielgerichteten Behandlungen, bekämpft werden. Im Anschluss an die Behandlungen ist eine engmaschige Nachuntersuchung nötig, um frühzeitig bei einem Rückfall reagieren zu können.

Wo lassen sich Patientinnen mit Eierstockkrebs am besten behandeln?

Dr. Carsten Scholz: Wegen der Bedeutung der Zusammenarbeit verschiedener Fachrichtungen und der notwendigen umfangreichen Expertise sollten sich Patientinnen nur in zertifizierten gynäkologischen Krebszentren wie am Klinikum St. Elisabeth behandeln lassen. Unser Zentrum wird von der Deutschen Krebsgesellschaft seit 2017 jährlich zertifiziert und ist auf große Beckenoperationen spezialisiert. -urs-

Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe

Gynäkologisches Krebszentrum