Medien

Corona und Vorurteilen zum Trotz

(16.09.2021)

Was junge Menschen antreibt, heute einen Pflegeberuf zu ergreifen

Ohne Pflege geht, wenn man ehrlich ist, gar nichts. Leider wird sie vor allem in Wellen öffentlich wahrgenommen - in Corona-Krisenzeiten oder wenn angesichts von Personalmangel oder fordernden Arbeitsbedingungen Betroffene und ihre Berufsverbände die Alarmglocken läuten.

Trotzdem: 31 junge Leute haben im September an der Krankenpflegeschule des Klinikums eine Ausbildung begonnen.

Wir fragten drei von ihnen nach Motivation, Erwartungen und Zukunftsplänen.

Isabel Aumer (21) aus Oberalteich hat die vergangenen sieben Monate am Klinikum ein Jahrespraktikum absolviert. Nach dem Abitur an der Fachoberschule war sie noch am Schwanken, wohin sie ihr Berufsweg führen wird. Sie jobbte erstmal. Zur Überbrückung wollte sie „etwas Sinnvolles machen“. Pflege lag für sie nahe, nachdem sie in der Familie aus nächster Nähe häusliche Pflege miterlebt hat. „Eine gute Erfahrung.“ Sie denkt auch daran, mit ihrem Fachwissen später ihrer Mutter beistehen zu können, wenn sie für sich oder bei der Pflege von Angehörigen Unterstützung brauchen sollte. Man hat ihr zunächst erst Hoffnungen für das nächste Schuljahr machen können, aber dann hat sie doch noch einen Ausbildungsplatz für heuer ergattert. Umso mehr freut sie sich, dass zwischenzeitlich ihre beste Freundin ein Jahrespraktikum im Klinikum begonnen hat. Pflege ist in ihren Augen ein abwechslungsreicher Beruf und einer mit hoher Verantwortung. „Man kann sich eigentlich auf nichts einstellen. Wenn der Patient läutet, war erwartet einen dann gerade?“ Am schönsten sei, in Patientengesichter zu schauen, die sich über jede Hilfe freuen. Auch, dass Patienten so offen seien, dass sie Einblick in ihr Leben geben, beeindruckt sie. „Schließlich ist man ja täglich sehr nah an ihnen dran.“ Dass Personalmangel herrscht und Pflegekräfte Überstunden vor sich herschieben, ist ihr aus den Einblicken des Praktikums nicht fremd. Abgeschreckt hat sie das nicht. Auch die Coronakrise nicht. Anstecken könne man sich überall, sagt sie. Da sei ein Krankenhaus mit ausgefeilten Hygieneplänen, mit Desinfektion und klaren Diagnosen eigentlich ein sicherer Ort. Drei Sparten hat sie auf Stationen während des Praktikums schon durchlaufen – Nephrologie, Innere Medizin und Chirurgie. Besonders, sagt sie, interessiert sie die Palliativstation. Sie findet es einen schönen Gedanken, dass Menschen, die lange gelitten haben, gehen dürfen und man sie dabei begleitet, ihre letzte Zeit möglichst gut zu verbringen. 

Stefanie Frankl (16) aus Leiblfing hat heuer die Ursulinen-Realschule mit der Mittleren Reife abgeschlossen und wusste seit langem, „ich will was Soziales machen“. Deshalb hat sie Praktika auch in einer Kindertagesstätte und in der Heilerziehungspflege absolviert. „Im Klinikum hat es mir am besten gefallen.“ Sie hat sich nur hier beworben und rasch eine Zusage erhalten. Dass nicht jeder Tag gleich ist, gefällt ihr an der Pflege, auch dass Dankbarkeit von den Patienten zurückkomme. Stress und Überbelastung kenne sie als Schlagworte natürlich aus der öffentlichen Diskussion. Sie will sich aber erst selber ihr Bild machen. Die Corona-Pandemie aus der Krankenhaus-Warte zu erleben, hat sie nicht abgeschreckt, „Ich habe Respekt, aber keine Angst.“ Man müsse ohnehin mit dem Virus leben lernen. Sie hofft jetzt, in ein gutes Team integriert zu werden, viele Erfahrungen machen zu können und ist sicher, Spaß an der Arbeit zu haben. Ihre Freunde und ihre Familie hätten sie bei der Berufsentscheidung unterstützt und bestärkt, sagt sie. Unverständnis habe sie nie geerntet. Schließlich gebe es in der Verwandtschaft eine gelernte Krankenschwester, die allerdings nicht mehr in dem Beruf tätig ist. Und im Freundeskreis weitere, die im Medizinsektor arbeiten oder ein freiwilliges soziales Jahr absolvieren. Ganz besonders interessiert Stefanie Frankl die Pflege von Kindern und Babys. Das kann sie sich als ihre künftige Richtung nach der Ausbildung am besten vorstellen.

Marcel Löhnert (18) aus Straubing hat nach der Mittleren Reife an der Sandtner-Realschule zunächst eine Erzieherausbildung begonnen. Nach zwei Jahren hat er sie abgebrochen. An der Arbeit mit Kindern habe das nicht gelegen. Er wollte „im Sozialen bleiben“ und hat sich deshalb für ein Jahrespraktikum am Klinikum entschieden. Erst zwei Monate war er dort tätig, als ihm eine Ausbildung angeboten wurde. Marcel Löhnert hat zugegriffen. Er ist jetzt einer von zwei Männern unter 29 Frauen. Nichts Neues für ihn. „In der Erzieherausbildung war der Anteil genauso.“ Die Arbeit mache ihm Spaß, die Kollegen hätten ihn schon im Praktikum sehr gut angeleitet und alles eingehend erklärt. „Es ist ein sicherer Arbeitsplatz.“ Auch das ist für ihn eine Überlegung. Überdies sei die Arbeit gut honoriert, auch schon in der Ausbildung mit 1 140 Euro brutto – im Gegensatz zum Erzieher. Und es sei ein wirklich schöner Beruf. Leider stellten sich viele die Pflege falsch vor und reduzierten sie aufs Waschen von Patienten und Hilfe beim Toilettengang. Dass sich da im Bewusstsein der Leute etwas ändert, wünscht er sich: „Mehr Anerkennung für Pflegende.“ Wegen Corona macht er sich im Krankenhaus keine Sorgen – aufgrund professionellen Umgangs mit Hygienevorschriften und hoher Impfquote. Die gesellschaftliche Diskussion um Pflege hat er mitverfolgt. Die Generalistik in der Pflegeausbildung sei ein Lösungs-Versuch. „Ein guter Anreiz, aber noch nicht fertig gedacht.“ Es sei schon sehr viel Lehr-Stoff für drei Jahre, Kinder-, Alten- und normale Krankenpflege zusammenzufassen. Vielleicht wären vier Jahre besser, mutmaßt er. Dass es in der Pflege stressig werden kann, hat er während des Praktikums erlebt. Man lerne aber mit der Zeit, mit diesem Stress umzugehen, ist er sicher. Und es gebe auch eine Hektik, die Spaß macht. Langweilig werde es einem jedenfalls nicht. Nachdem er kein leidenschaftlicher Frühaufsteher ist, könnte er sich für Nachtdienst erwärmen, meint er. Grundsätzlich sei er offen für alles. Als sein Ziel peilt er an, mit genug Berufserfahrung Stationsleitung zu werden.

Mehr als eine Doku-Soap

31 junge Leute – davon zwei Männer – haben am Klinikum eine Ausbildung begonnen. Pflegefachfrau/-mann heißt ihr angepeilter Beruf, seit die Ausbildung für Kranken-, Kinderkranken- und Altenpflege nach jahrelangem Gerangel 2020 generalistisch ausgerichtet wurde. Man entscheidet sich allerdings für ein der drei Sparten als Schwerpunkt. Die Ausbildung wird EU-weit anerkannt. In der dreijährigen Ausbildung wechseln Theorie- mit Praxiswochen blockweise. Zwischen 16 und 25 Jahre alt sind aktuell die angehenden Pflegekräfte, bilanziert Lydia Edelmann-Fueg, die Leiterin der Krankenpflegeschule. Es habe auch schon Jahrgänge gegeben mit Männern oder Frauen über 40, die sich nochmal beruflich ganz neu orientierten. Dass alle drei von uns befragten Auszubildenden ein Praktikum am Klinikum hinter sich haben, ist kein Zufall. Ein Praktikum werde vorausgesetzt, so Lydia Edelmann-Fueg. Zumindest eines von einer Woche Dauer. „Man sollte ein Krankenhaus auch mal von innen gesehen haben. Nicht nur aus der Doku-Soap-Perspektive.“ Die Pflegedirektion des Klinikums sei Ansprechpartner für Interessenten an einem Praktikum. Die meisten würden als Motiv für diese Berufsentscheidung Erfahrungen aus dem eigenen Umfeld nennen, Verwandte in Pflegeberufen, soziales Interesse, und eine gute ethische Basis, so ihre Erfahrung. Medizinischer Fortschritt, der sich auch in der Pflege vielfältig niederschlage, und eine Bezahlung, die schon in der Ausbildung mit manchen handwerklichen Berufen mithalten könne (rund 1 200 Euro im ersten Ausbildungsjahr brutto), hätten bei jungen Leuten durchaus auch Zugkraft. Die Krankenpflegeschule nehme bereits Bewerbungen für das nächste Schuljahr 2022/23 entgegen, so ihr Hinweis.

Quelle: Monika Schneider-Stranninger, Straubinger Tagblatt, 13.09.2021