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Corona bringt Klinikum ans Limit

(15.04.2021)

Stetig wachsende Zahl an Covid-19-Patienten zwingt dazu, verschiebbare Behandlungen bis auf Weiteres abzusagen

Das Klinikum St. Elisabeth schlägt Alarm. Immer mehr schwerst erkrankte Covid-19-Patienten werden eingeliefert, immer mehr müssen auf der Intensivstation beatmet werden. Die Situation hat sich inzwischen so zugespitzt, dass alle verschiebbaren Untersuchungen und Operationen abgesagt werden. Klinikumsgeschäftsführer Dr. Christoph Scheu schildert im Interview mit dem Straubinger Tagblatt die dramatische Situation.

Straubinger Tagblatt: Seit Wochen warnen Intensivmediziner und Virologen vor einer Überlastung der Krankenhäuser. Wie ist die Situation am Klinikum St. Elisabeth?

Dr. Christoph Scheu: Derzeit versorgen wir über 30 Covid-19-Patienten, davon sieben auf der Intensivstation. Es kommen jeden Tag einige neue schwer erkrankte Covid-19-Patienten dazu. Das
Klinikum Straubing stößt jetzt an Kapazitätsgrenzen, insbesondere auf der Intensivstation, weil wir dazu die übliche Anzahl an Notfallpatienten haben, beispielsweise mit Herzinfarkt oder schweren
Unfällen.

Unterscheiden sich die jetzigen Erkrankungen von denen in der ersten und zweiten Welle?

Dr. Scheu: Ja, es gibt Unterschiede zu den beiden vorausgegangenen Wellen. Wir sehen Unterschiede im Alter der Erkrankten. Jetzt sind es vor allem die 50- und 60-Jährigen, die wir im Klinikum
Straubing behandeln, und nicht mehr die Hochbetagten, wie in den beiden ersten Wellen. Dies ist unter Umständen eine Auswirkung der Impfung mit Priorisierung der über 80-Jährigen sowie der
Hygienemaßnahmen. Patienten, die jetzt zu uns kommen, sind aber schwersterkrankt. Ein nicht unbeträchtlicher Teil von ihnen braucht eine intensivmedizinische Betreuung und Beatmung, und die Verweildauer auf der Intensivstation wird deutlich länger.

Wie wirkt sich die Covid-Situation derzeit auf den laufenden Krankenhaus-Betrieb aus?

Dr. Scheu: Angesichts der wachsenden Infektionszahlen sind wir jetzt gezwungen, alle verschieb- und planbaren Untersuchungen und Operationen bis auf Weiteres erneut abzusagen. Wir müssen jetzt alle Kapazitäten für Notfälle und Covid-19-Kranke zur Verfügung stellen, um unseren Patienten weiterhin eine bestmögliche Behandlung zukommen zu lassen. In dieser angespannten Lage
bitten wir die Bürger, das Notfallzentrum nur in dringenden Notfällen und nicht bei Bagatellfällen aufzusuchen.

Wie ist die physische und psychische Situation beim Personal, das jetzt schon ein Jahr unter Covid-Bedingungen arbeitet?

Dr. Scheu: Seit über einem Jahr kämpfen Pflegekräfte und Ärzte gegen die Pandemie. Leider ist kein Ende in Sicht. Erfreulicherweise sind aber über 70 Prozent unserer Mitarbeiter mindestens einmal geimpft worden. Insofern ist – anders als in der ersten und zweiten Welle - die akute Gefährdung des Personals, sich mit Corona anzustecken, deutlich gesunken. Die Impfung erleichtert aber nicht die Arbeit, da alle Hygieneregeln – unabhängig vom Impfstatus – weiterhin streng eingehalten werden müssen.

Wie geht es weiter? Was wünschen Sie sich? Wie dringend ist ein kompletter Lockdown?

Dr. Scheu: Die dritte Welle rollt. Sie ist noch heftiger als die beiden vorausgegangenen. Unter unseren Mitarbeitern macht sich Unverständnis und Unmut darüber breit, dass diese dritte Welle, die ja vorhersehbar war, nicht durch entsprechende Vorsichtsmaßnahmen seitens der Politik verhindert wurde. Dass Aerosole in Innenräumen eine entscheidende Rolle spielen, sich mit Covid-19 anzustecken, ist längst bekannt und Experten haben es zurecht in den vergangenen Tagen erneut thematisiert. Es ist daher völlig unverständlich, dass nicht schon längst in allen Betrieben eine FFP2-Maskenpflicht am Arbeitsplatz in Innenräumen ausgesprochen ist.

Quelle & Interview: Anna Rieser, Straubinger Tagblatt, 14.04.2021