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600 Schlaganfälle pro Jahr
Sind froh über die Investition in die interventionelle Radiologie (Anwendung medizinischer Bildgebungsverfahren zur Unterstützung von Ärzten bei der Diagnose und Behandlung bestimmter Probleme mit Blut- und Lymphgefäßen) des Klinikums: Chefarzt Dr. Hannes Häuser (l.) und Klinikum-Geschäftsführer Dr. Martin Baumann.
Radiologie – damit kann jeder etwas anfangen. Röntgen. Klare Sache. Wenn das Bein gebrochen ist zum Beispiel. An der Bürotür von Dr. Hannes Häuser, Chefarzt der Radiologie am Klinikum, hängt nicht zufällig ein Plakat im Pop-Art-Stil mit dem Konterfei von Wilhelm Conrad Röntgen, der 1895 die „X-Strahlen“ entdeckte und dafür 1901 den Nobelpreis für Physik erhielt. Radiologie ist seitdem zu einer höchst vielfältigen Disziplin fortentwickelt worden. Man denke nur an CT und MRT. Längst geht es nicht mehr nur um Diagnostik, sondern auch um Therapie. Minimalinvasive Eingriffe per Katheter, von präziser Bildgebung navigiert – bei chronischen Gefäßerkrankungen, Gefäßverschlüssen und Tumoren, akuten Blutungen bis hin zur Auflösung von Blut-Gerinnseln im Gehirn nach Schlaganfall.
Jetzt ist am Klinikum die Angiographie-Anlage mit einem biplanen Gerät jüngster Bauart ersetzt worden. Es ist eine Investition im siebenstelligen Bereich, die der Träger stemmt. Und das in finanziell angespannten Zeiten, gibt Dr. Hannes Häuser zu bedenken. Und ohne Förderung. Die Motivation liegt auf der Hand: Wozu bei der vorherigen Angiographie-Anlage zwei Untersuchungsschritte notwendig waren, erstellen nun zwei Röntgen-Röhren und Detektoren zeitgleich Aufnahmen von unterschiedlichen Ebenen – daher der Name „biplan“. Außerdem ist die Strahlenbelastung geringer.
Enge Zusammenarbeit mit Gefäßchirurgen
Das Angiographiegerät erlaubt Eingriffe nicht nur bei Schlaganfall, sondern auch anderen großen Gefäßverschlüssen, sagt Häuser. „Nach Unfällen, bei Gefäßveränderungen, Blutungen in Darm oder Niere... außer im Herzen, das ist Sache der Kardiologen.“ Die Radiologen arbeiteten eng mit Gefäßchirurgen zusammen. Auch mit der Urologie und HNO. Man könne Tumore behandeln, Chemotherapien direkt in Organe verabreichen, gutartige Prostatavergrößerungen embolisieren, auch chronische Gelenkschmerzen behandeln, um Operationen hinauszuzögern und ... und... und..... Eine bedeutende Rolle spielt das Gerät bei der Behandlung schwerer Schlaganfälle. Die Radiologie am Klinikum ist seit 2024 in Bayern als eines von wenigen Zentren für zerebrale Thrombektomien anerkannt, so heißen die neuro-radiologischen Eingriffe am Gehirn.Man ist auf dem Weg zur überregionalen Stroke-Unit. Eine neurologische Klinik am Haus sieht der Gesetzgeber dafür als Voraussetzung, sprich Präsenz an 365 Tagen rund um die Uhr. Das ist am Klinikum gewährleistet.
Bei Schlaganfallverdacht schnellstens in die Klinik
Die Menschen in der Region brauchten sich keine Sorgen zu machen, bei einem Schlaganfall nicht angemessen versorgt zu werden, versichert Häuser. Knackpunkt sei, schnell ins Krankenhaus zu kommen, am besten in ein Haus, das auch bei schweren Fällen ohne Zeitverlust hochspezialisierte Versorgung bieten kann. „Zeit ist Hirn“ heißt ein gängiger Slogan, sprich je früher die Behandlung, desto besser die Chancen, Beeinträchtigungen zu begrenzen oder rückgängig zu machen. Bei einem Schlaganfall sterben in Minutenschnelle Millionen Gehirnzellen ab. Womöglich mit bleibenden Beeinträchtigungen. Die Verlegung von einem kleinen in ein großes Krankenhaus koste abermals Zeit. Und leider gebe es immer wieder auch Patienten, die allein lebten und erst nach einer Türöffnung durch die Feuerwehr gefunden würden – oft viele Stunden nach dem Akutereignis und das Zeitfenster für bestimmte Therapiemöglichkeiten ungenutzt verstrichen ist. Rund 600 Patienten mit Schlaganfall bilanziert allein das Klinikum pro Jahr. Sie kommen in der Notaufnahme an, werden im Schockraum erstversorgt, ein CT mit Gefäßdarstellung veranlasst. Davon hängt die weitere Vorgehensweise ab. Die sogenannte Thrombolyse ist Standard-Akuttherapie bei einem ischämischen (Minderdurchblutung oder völlige Undurchlässigkeit von Gefäßen) Schlaganfall. Dabei wird das Blutgerinnsel, das die Hirnarterie verstopft, mit Hilfe eines intravenös verabreichten Medikamentes aufgelöst.
Bei zehn Prozent kommt Thrombektomie in Frage
Bei etwa zehn Prozent der 600 Schlaganfälle komme die zerebrale Thrombektomie infrage, sagt Prof. Dr. Stephan Schleder, der geschäftsführende Oberarzt der Radiologie. 50 bis 60 pro Jahr. Es sind schwere Schlaganfälle. Unter Vollnarkose versuche man dann mittels Katheter, der über die Leiste nach oben geschoben wird, das verschlossene Gefäß wiederzueröffnen, das Gerinnsel zu entfernen oder die Engstelle aufzudehnen. Bei acht von zehn Patienten sei das möglich, sagt Schleder.
Es folge in aller Regel eine Nacht zur engmaschigen Überwachung in der Intensivstation und ein Aufenthalt in der Stroke Unit. Dann schließe sich eine Reha an. Selbst schwere Beeinträchtigungen lassen sich oft mildern, allerdings muss man so realistisch sein, dass nur wenige der schwer Betroffenen völlig ohne Einschränkungen zurück in einen selbstbestimmten Lebensalltag gehen.
Am Klinikum hat Chefarzt Dr. Hannes Häuser, der hier seit 20 Jahren tätig ist, schon ab 2012 mit zerebraler Thrombektomie gearbeitet. Die Sparte wurde personell intensiviert. Stephan Schleder, heute geschäftsführender Oberarzt, ist seit 2018 am Klinikum tätig, hat habilitiert und wurde 2023 an der Universität Regensburg zum Professor berufen. Schleder hat die Zusatzbezeichnung Neuro-Radiologie. Er ist auch in den Medizincampus Niederbayern am Klinikum eingebunden. Den künftigen Medizinstudenten kann also auch in der Radiologie ein innovatives Spektrum geboten werden.
Quelle: Monika Schneider-Stranninger, Straubinger Tagblatt vom 26.04.2025