Medien
40 Jahre gelebte Menschlichkeit
Sie haben ihnen zugehört, sich mit ihnen unterhalten und manche Handreichung übernommen, vom Telefonkarten aufladen bis zum Zeitung holen oder den Wäschevorrat auffüllen. Am längsten dabei und seit 39 Jahren – ihr halbes Leben – ihre Leiterin ist Brigitte Messerschmitt. Am Freitagnachmittag hat der Verein der Freunde und Förderer des Klinikums die Gelben Damen und einen Gelben Herrn, aktuell 14, gefeiert für „40 Jahre Menschlichkeit“. Dr. Wolfgang Schaaf, einer der Beiräte des Vereins, hielt die Festrede und bescheinigte der Gruppe, dass sie unschätzbar seien „in Zeiten der vielfach zu erlebenden Unzuständigkeit“, denn sie seien jene, „die sagen, ich kümmere mich darum“.
Zu diesem „Tag der Anerkennung und Dankbarkeit“ hieß Klinikum Geschäftsführer Dr. Martin Baumann neben den Hauptakteuren Vereinsmitglieder, Ärzte und Chefärzte, Klinikum-Verwaltungsräte, Vertreter der Pflege und der Krankenhausseelsorge willkommen. Die „Gelben Damen“ stünden „für gelebte Menschlichkeit, gelebte Nächstenliebe“, seien mit Zeit und Zuwendung, mit unendlich vielen kleinen Gesten leise im Krankenhausalltag präsent. „Sie bringen mit, was nicht zu verordnen ist.“ Baumann würdigte Herz, Verlässlichkeit und Konstanz der langjährigen Akteure. Ihre Leistung sei heute wichtiger denn je. Mit Dr. Martin Baumann zeichnete Ursula Urban, Vorsitzende des Fördervereins, jede Gelbe Dame und den Gelben Herrn mit Urkunde aus. Als Präsent gab es eine Sonnenblume und Eintrittskarten für das Benefizkonzert der „Schlenkerer“ am 13. November im Markmillersaal. Die Kliniphoniker unter Leitung von Roland Brunner steuerten A-Capella-Gesang von Beatles bis Elvis bei. „Erst das Wort, dann die Arznei, dann das Messer“, zitierte Bürgermeister Dr. Albert Solleder den Chirurgen Theodor Billroth. Das spiegle den Stellenwert der Gelben Damen, denn Heilung brauche vor allem auch das Wort und Zuneigung. Es gehe um eine ethische Haltung, die diese Ehrenamtlichen täglich zwischen Krankheit und Therapie umsetzen. Als Präsent brachte er der Gruppe eine Einladung zu einer Stadtführung mit Bürgermeister Werner Schäfer mit sowie einem Abendessen im Bayerischen Löwen auf Kosten der Stadt.
Die Festrede hielt Dr. Wolfgang Schaaf „über Farben, die Zeit und was die KI nicht kann“. Letzteres ist laut Schaaf, Festreden schreiben, die nicht langweilig sind. Er füllte deshalb die nüchternen KI-Formulierungen mit Intellekt und Emotion. Menschlichkeit und Mitgefühl kämen bei der Gruppe in Gelb daher, was laut Goethes Farbenlehre für Licht, Heiterkeit, Lebenskraft, Wärme und Energie stehe. Dementsprechend unterstützten die Gelben Damen und Herren Patienten, die sich allein und unsicher fühlten. Nachdem es mehr denn je Alleinstehende gebe, brauche es den Besuchsdienst umso mehr. Schaaf hatte ein plakatives Beispiel parat: Eine Frau, Mitte 60, alleinstehend, mit ihrer Katze in einer Wohnung lebend, kommt nach einem Beinbruch ins Krankenhaus.
Die Zuständigkeitskaskade funktioniere: Erste Hilfe, Rettungsdienst, Notaufnahme, Diagnose, OP, stationärer Aufenthalt. Nur: Wer versorgt die Katze? Schaaf zitierte an der Stelle den Soziologen Niklas Luhmann, der „organisierte Unzuständigkeit“ geißelte. Folgerung: „Es braucht Menschen, die sagen, ich kümmere mich“. Die Gelben Damen seien solche Menschen. Schaaf wünschte ihnen, dass sie Nachwuchs für ihren Dienst finden. Wie man das mache? Vielleicht über Werbekampagnen per Internet, durch Influencer und mit zeitgemäßem „Branding“, sprich Markenbotschaft, die heiße „Wir kümmern uns darum“. Diese Botschaft sei längst angekommen. Ganz analog. Von Mensch zu Mensch.
Quelle: Monika Schneider-Stranninger, Straubinger Tagblatt vom 26.05.2025